1. Startseite
2. Vorhaben und Events
3. Aktuelle Veröffentlichungen
4. Galerie Australien+Neuseeland
5. Hobbys
 6. Bildergalerie Japan 2009
7. Reiseberichte
8. Wanderungen weltweit
9. Wandergeschichten
10. Diashow Camino Santiago
11. Schriftstellerisches Werk
12. Gesundheitsempfehlungen
13. Philosophie
14. Textanalyse/Arbeitstechnik
15. Politik/politische Bildung
16. Unterrichtsprojekt Auto
17. Ges.-kritische  Kommentare
18. Rezensionen: Musik/Bücher


"Auto" als integratives/interdisziplinäres Unterrichtsprojekt an allgemeinen und beruflichen Schulen

Kaum eine technische Errungen-schaft zieht die Menschen unserer Zeit stärker in ihren Bann als das Auto, das für viele weitaus mehr bedeutet als ein Trans-portmittel. Es ist ein heiß begehrtes Objekt, Ziel höchster Wünsche und unerfüllter Sehnsüchte, geliebter Prestigegegenstand, Traumpartner für individuelle Mobilität und Freiheit. Dabei ist das Auto mit Emotionen, Wertungen, Vorurteilen, Illusionen beladen, die uns leicht zur Verabsolutierung und zu großer Opferbereitschaft verführen, so dass wir dazu neigen, für unser Wunschauto, unseren Traumwagen erhebliche Nachteile in Kauf zu nehmen: wirtschaftliche Einschränkungen, Abstriche am sonstigen Lebensstandard, zeitraubende Verkehrsstaus, Gesundheitsgefahren, Todesopfer, Umweltzerstörung, vielleicht gar den Weltuntergang. Im Geschwindigkeitsrausch, beim Auspuffgrollen, Dröhnen der Motoren oder alles übertönendem Musiksound aus überdimensionierten Verstärkeranlagen verdrängt man schnell und mühelos das Negative und Schreckliche, und sei es nur für einpaar kurzweilige Stunden und ein flüchtiges Glücksgefühl (vgl. BMI 1983).                                                                                                        Mit diesem Nimbus eignet sich das Auto hervorragend als Unterrichtsinhalt und strahlt eine günstige Anziehungskraft auf die Lernenden in den allgemeinen und beruflichen Schulen aus. Es vermag nachhaltig sowohl für den naturwissenschaftlich-technischen Fachunterricht als auch für Wirtschaftslehre, Politikunterricht oder fächerübergreifende Unterrichtsprojekte zu motivieren und lässt sich gleichfalls erfolgreich in der Lehreraus- und Lehrerfortbildung einsetzen. Wie kaum einen anderen Unterrichtsinhalt kann man das Auto in seiner Komple-xität und Verflochtenheit in unser Gesellschaftssystem und Lebensgefüge als Exemplum zur Darstellung und Klärung der Interdependenzen von Technik, Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Ökologie einsetzen. Wegen seiner herausragen-den Bedeutung in der Industriegesellschaft, seinem hohen Stellenwert als Wirtschaftsfaktor, aber gleichfalls als enormer Umwelt- und Klimaschädiger bietet sich das Auto als wichtiges und dringendes Unterrichtsobjekt zukunftsorientierter ökologischer Bildung an. 
Über den didaktischen Gewinn in den einzelnen Fächern hinaus sollte man daher die aufschlussreiche Multidimensionalität des Autos curricular für integrativen Projektunterricht und für fächerübergreifende Komplexvorhaben in interdiszi-plinären Lernfeldern nutzen, welche neben den berufsfachlichen Aspekten die sozio-ökonomische sowie gesellschaftlich-politische Dimension einschließlich der ökologischen umspannen, denn in dieser Hinsicht herrscht noch beträchtlicher Mangel. Bereits 1974 hat der Verfasser in seinem Arbeitslehreprojekt das Auto sowohl als technischen Funktionszusammenhang und Exemplum des Maschinen-baus und der Technik als auch als Wirtschaftsfaktor sowie Objekt der Politik einschließlich Umweltproblematik und erforderlicher Demokratisierung der Gesellschaft und Erziehung mündiger Bürger thematisiert (Pukas 1974). Für das Lernen im "Berufsbildungssystem" hat Spöttl (1983) das Fallbeispiel "Langzeit-auto" konzipiert, das er über das technische Problem hinaus auf die Auswirkun-gen in den Sektoren Modernisierung, Energie, Reparatur, Kosten, Nachfrage, Beschäftigung, Rohstoffe, Umwelt ausdehnt, um die ökologische Krise zu diskutieren. Angesichts der schwerwiegenden Nebenwirkungen des technischen Fortschritts fordert Bonz (1984) in diesem Zusammenhang eine grundlegende Umorientierung vom linearen zum offenen Unterricht mit divergenten Denkfeldern. 
Für unser integratives Umweltprojekt "Auto" gehen wir vom Berufsfeld Metalltechnik aus (aber es kann auch eine andere Berufsfeld-Schwerpunktsetzung sein) und wählen ein Handlungsfeld, das sich grundsätzlich über den berufsfachlichen und sozio-ökonomischen Kontext des Betriebes hinaus auf national- und global-ökonomische und ökologische sowie politische Verhältnisse erstreckt. Als grundsätzlicher Ansatzpunkt kommt dafür die Betrachtung der sogenannten Input-Output-Beziehungen des Autos zur Umwelt in Frage, mit denen ebenfalls Probleme der Verantwortung und Mündigkeit des Einzelnen in der demokratischen Bürgergesellschaft verknüpft sind. So soll ein interdisziplinäres Lernfeldkonzept ermöglicht werden, das wiederum in entsprechend weite und offene Lernsituationen umgesetzt werden kann.

  

Inhaltliches Strukturkonzept für ein Umweltprojekt „Auto“

Ausgehend vom einstigen EXPO-2000-Motto "Mensch - Natur - Technik" skizzieren wir die curricularen Grundzüge für ein Umweltprojekt "Auto" als interdisziplinäres Lernfeldbeispiel. Zunächst vermitteln wir eine inhaltliche Struktur-Übersicht mit den maßgeblichen Einflussbereichen bzw. Themengebieten sowie ausgewählten Bestimmungsfaktoren und entsprechenden Deskriptoren oder Kenngrößen, um in diesem Kontext anschließend die unterrichtsstrategischen Schritte zu verdeutlichen. 

I. Projektgebiet/Themenbereich: TECHNIK/Wissenschaft
Einfluss- oder Bestimmungsfaktoren: 1) Verbrennungsmotor (als technisches System), 2) neue bzw. alternative Antriebstechnologien (Funktion, Emissionen, Input-Output-Prinzip), 3) Assistenzsysteme und automatitiertes Fahren 4) Naturverbrauch (Ressourcen), 5) Entsorgung
Deskriptoren oder Kenngrößen:
1) Hubkolbenmotor: Materialbeanspruchung, Verschleiß; Arbeitsweise (4-Takt-/2-Takt-Motor, Otto-/Dieselmotor), ungünstiger Wirkungsgrad, Katalysator, unweltschädigende Emissionen CO2, CO, NOx, SO2; Belastung durch Staub, Ruß, Schwermetalle
2) 3-Liter-/1-Liter-Auto (Leistungen), Elektroauto (Effiziente Technik; Kapazität, Gewicht der Batterien; Reichweite, Ladeinfrastruktur/Stromzapfsäulen, einheitliches Bezahlsystem, E-Auto als Stromspeicher), Hybridantrieb (Kombination, Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge), Solarfahrzeuge (Leistungsproblem), Wasserstoff-/Brennstoffzellenauto (Wasserstoff-Tankstellennetz, Wasserstoff als Speicher für flukturierenden Strom aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen)
3) Assistenzsysteme zur Unterstützung des Fahrers wie Kollisionswarner, Einparksensoren, Abstandsregler, Spurhalteassistent; teilautonomes Fahren mit Stau- oder Parkassistent, hochautomatisiertes Fahren mit Staupiloten im Stop-and-go-Verkehr; 
4) Herstellung: Rohstoffe Stahl, Zink, Leichtmetalle, Kupfer, Blei, Glas, Kunststoffe, Gummi; Abrieb: Reifen, Bremsbeläge; Energie, Wasser, Chemikalien; Betrieb: Kraftstoff, Motor-/Getriebeöl, Bremsflüssigkeit, Frostschutzmittel, Luft, Kühl- und Waschwasser
5) Entsorgung/Abfall: Rohstoffschrott, Sondermüll: Cadmium, Chemikalien, Recycling-Quotient, 100%-Recycling-Ziel, Haltbarkeit, Abnahmeverpflichtung der Hersteller für Altautos

II.  Projektgebiet/Themenbereich: MENSCH/Einzelbürger
Einfluss- oder Bestimmungsfaktoren: 1) Wertsystem, 2) Lebensstil, 3) Einstellungs-/Verhaltensänderung
Deskriptoren oder Kenngrößen:
1) Freiheitsgefühl und individueller Mobilitätsanspruch, Prestigeverlangen und Auto als Fetisch, Auto als Droge und Ersatzbefriedigung: Traumwagen, Geschwindigkeitsrausch, Auto als Alptraum (technische und soziale Rationalität);
2) Auto als Verkehrs- und Transportmittel Nr. 1, Priorität und Höhe der Ausgaben für das Auto, Fahrverhalten mit dem Auto: Fahrstil, Stauverursachung;
3) Bereitschaft zur Bildung von Fahrgemeinschaften und zum Car-Sharing, Umstieg auf öffentliche Verkehrsträger, Freizeitverhalten mit geringerem Stellenwert des Autos, Engagement für "sanfte Industrie", Natur- und Umweltschutz 

III. Projektgebiet/Themenbereich: NATUR/Umwelt
Einfluss- oder Bestimmungsfaktoren: 1) Ressourcen-Ausbeutung, 2) Smog, 3) Waldsterben, 4) Klimakatastrophe
Deskriptoren oder Kenngrößen:
1) Begrenzte Rohstoff-Vorkommen (Metalle) und umweltbelastende, energieaufwendige Gewinnung, Erschöpfung der Erdöl- und Erdgasvorkommen in diesem Jahrhundert, Biosprit aus nachwachsenden Rohstoffen wie Äthanol oder Rapsöl;
2) Entstehung und Zusammensetzung des Smog sowie Anteil des Straßenverkehrs (Los Angeles-Typ), Gesundheitsgefahren und Naturschädigung durch Smog, Smog-Warnung und -alarm sowie Maßnahmen;
3) Ursachen und Ausmaß des sauren Regens und Waldsterbens sowie Beteiligung des Autoverkehrs, Auswirkungen auf Luft- und Klima-Veränderungen, Bodenerosion, Überschwemmungen, Korrosionsschäden;
4) Entstehung der Ozon-Konzentration und des Ozonlochs im Ozongürtel der Erde unter dem Einfluss des Autoverkehrs, Verursachung des zusätzlichen Treibhauseffekts zum natürlichen durch Treibhausgase (CO2, FKW u. a.), Klimaänderung und zunehmende Naturkatastrophen 

IV. Projektgebiet/Themenbereich: WIRTSCHAFT (Schwerpunkt Autoindustrie) Einfluss- oder Bestimmungsfaktoren: 1) Gewinnverteilung, 2) Arbeitsmarkt, 3) Kaufkraft-Entwicklung
Deskriptoren oder Kenngrößen:
1) Wirtschafts-Wachstum/Umsatzsteigerung, Prinzip der Profitmaximierung, Gewinnverteilung für Investitionen;
2) Stellenwert der Autoindustrie in der Gesamtwirtschaft, internationaler Wettbewerb, Einsparung von Arbeitsplätzen durch Automation und Leanproduction, Steigerung der Produktion und Beschäftigung durch Absatzerhöhung und staatliche Förderung;
3) Volkseinkommen, Lohn- und Gewinnquote, verfügbares Einkommen der Bürger und seine Verwendung (mit Bezug auf das Auto) 

V. Projektgebiet/Themenbereich: POLITIK/Staat
Einfluss- oder Bestimmungsfaktoren: 1) Kraftfahrzeugsteuern, 2) Verkehrslenkung, 3) Umwelt- und Naturschutz, 4) Förderprämien für die Elektromobilität
Deskriptoren oder Kenngrößen:
1) Kfz.-Steuer/Ermäßigung für umweltfreundliche Fahrzeuge, Mineralölsteuer und Staatshaushalt, Öko-Steuer und ihre Verwendung, Straßenmaut/Ausweitung;
2) Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Orts- und Landstraßen sowie BAB, Fahrverbote auf bestimmten Stecken und zu bestimmten Zeiten, vorgeschriebene Lenk- und Ruhezeiten, Zulassungsvorschriften zur Einhaltung umweltverträglicher Grenzwerte und Auflagen, Förderung und Ausbau öffentlicher Verkehrsträger, optimale Vernetzung der Verkehrssysteme;
3) staatliche Investitionen zur Verbesserung der Infrastruktur für einen reibungslosen und energiesparenden Verkehrsfluss auf Straße und Schiene, Priorität des Natur- und Umweltschutzes beim Ausbau der Straßen und Schienenwege (Stadt- und Landschaftsplanung zur Minimierung der Flächenversiegelung), Förderprogramme für die Erforschung und Entwicklung innovativer umweltschonender Technologien zur Konstruktion, zum Antrieb und Recycling von Autos;
4) staatlicher Zuschuss von 4000,- € bei Kauf eines reinen Elektroautos und von 3000,- € für die Anschaffung eines Hybridautos mit Steckdosen-Aufladung; Ladesäulen-Verordnung für einen nicht vertragsgebundenen ad-hoc-Zugang zu Ladeeinrichtungen und gesetzliche Vorgaben für eine Anbieter übergreifende Abrechnungsmöglichkeit;

VI. Projektgebiet/Themenbereich: GESELLSCHAFT/Gesellschaftsgruppen
Einfluss- oder Bestimmungsfaktoren: 1) EU-Binnenmarkt und Verkehrsaufkommen, 2) umweltgerechte Verkehrserziehung und Verkehrssicherheit, 3) Zeitfaktor und Auto fahren, 4) Bürgerinitiativen zur Verbesserung der Verkehrssituation
Deskriptoren oder Kenngrößen:
1) Drastische Zunahme des Verkehrsaufkommens im EU-Binnenmarkt und der BRD, Ansätze zur Harmonisierung und Liberalisierung einer wettbewerbsfähigen europäischen Verkehrswirtschaft, Einleitung einer Verkehrswende in Europa: Verkehrsvermeidung, Verkehrsberuhigung, Verkehrsverlagerung zur Verringerung der sozialen und ökologischen Folgekosten des Verkehrs;
2) Erziehung zu einem umweltgerechten und sicherheitsbewussten Verkehrsverhalten in Kindergärten, Vorschulen, Schulen, Unterrichtsprojekte in Schulen und Erwachsenenbildung zur Automobilität und Umweltproblematik, Fördermaßnahmen zur Einschränkung und ökologischen Optimierung des Individualverkehrs, Konzepte zur Verteuerung umweltschädigenden Verkehrsverhaltens;
3) Verkehrsinfarkt in Städten, Zeitverlust durch Staus auf Autobahnen und Umleitungsstrecken, Unpünktlichkeit und Hektik;
4) mehr Eigenverantwortung und flexible Verkehrskontrollen statt staatlicher Gesetzesflut und Regelungsdichte, Bürgerinitiativen zur Reduzierung des Autoverkehrs besonders in Ballungsgebieten (autofreie Innenstädte, Umgehungsstraßen, attraktiver ÖPNV), Aufklärungskampagnen in Aktionen und Medien gegenüber der Autolobby, Engagement in Parteien, Verbänden, Institutionen für eine umweltfreundliche Auto- und Verkehrspolitik sowie eine Verankerung des Umweltschutzes im Grundgesetz 



Projektdurchführung und Grundsätze der Projektarbeit 

Zielentscheidung für das Projekt

Die grundsätzliche Zielentscheidung für ein komplexes Unterrichtsprojekt wird i. d. R. in Vorgesprächen zwischen den betroffenen bzw. in Frage kommenden Lehrern und Schülern getroffen und dort wird man sich auf das Auto als Lerngegenstand einigen. Wie man das Thema schließlich auch formulieren mag: "Auto - Glück oder Geißel der Menschheit?", "Auto - Segen und Fluch!", "Auto und Umwelt", entscheidend ist bei der Themenwahl oder Themenfindung, dass sich die Beteiligten darüber verständigen, welche Einfluss- bzw. Inhaltsbereiche untersucht werden sollen, was im Laufe der Planung durchaus korrigiert oder reduziert werden kann, von der Anzahl und den Interessen der Arbeitsgruppen und Moderatoren, der verfügbaren Zeit, den räumlichen Voraussetzungen, Arbeitsmöglichkeiten und Arbeitsmitteln, nicht zuletzt der gegebenen Informationsbeschaffung abhängt. Denn das Projekt wird als handlungsorientierter Unterricht und offener Prozess der Auseinandersetzung durchgeführt.

Am Ende der Zielentscheidung sollte die Zielformulierung stehen. Grundsätzlich obliegt es den beteiligten Fachlehrern zu gewährleisten, dass die verfolgten Projekt-Lernziele den Qualifikations-/Kompetenz-Anforderungen der Fächerrichtlinien entsprechen. Beispielsweise kommen die Niedersächsischen Rahmenrichtlinien für die politische Bildung an beruflichen Schulen mit ihrer Leitidee der Gestaltungskompetenz und Qualifikationsorientierung, dem komplexem Politikbegriff sowie den didaktischen Prinzipien der Arbeits- oder Berufs-, Situations-, Problem- und Zukunftsorientierung diesem Anliegen optimal entgegen. Demgemäß wird die Schlüsselqualifikation der Umweltkompetenz durch relevante Basisqualifikationen, nämlich ökologische Berufs- oder Fachkompetenz, Planungs- und Methodenkompetenz, Sozial- und Humankompetenz einschließlich Risikobewusstsein und Umweltverantwortung aufgebaut. In diesem Sinne kann die Zielsetzung des Projekts „Auto“ etwa folgender Maßen umrissen werden: Die Schüler/-innen erfahren im Rahmen aktiven und weitgehend selbstbestimmten Lernens, wie der herkömmliche Verbrennungsmotor, der unsere Autos antreibt, als technisches System funktioniert und nach dem Input-Output-Prinzip die Natur verbraucht, die Umwelt belastet, die Gesundheit gefährdet und zur Klimakatastrophe beiträgt. Sie sollen umweltschonende technische Alternativen und Neuerungen des Antriebs und Recyclings kennen und beurteilen lernen. In diesem Zusammenhang sollen sie erkennen, dass der Mensch die Natur nicht länger rigoros als Herrscher dieser Welt ausbeuten darf, sondern sich wieder als Teil der Natur begreifen und das natürliche Gleichgewicht auf der Erde erhalten bzw. herstellen muss. Angesichts der Bevölkerungsexplosion und des technisch-ökonmischen Fortschritts müssen wir bereit sein, uns dem Wachstums-Problem zu stellen und Verzicht zu üben. Auch wegen des Mobilitäts-Problems müssen wir unseren Lebensstil ändern, uns kritisch und engagiert mit der "Automobilität" und unserer Vorliebe für das Auto auseinander setzen, die gesellschaftlichen Ursachen und Folgen des Massenverkehrs analysieren und persönliche Konsequenzen in Richtung Fahrgemeinschaften, Car-Sharing und Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel erwägen. Gleichfalls müssen wir als mündige, verantwortliche Bürger und Träger der Gesellschaft, des demokratischen Staates, der Marktwirtschaft unsere Mitbestimmungs-Möglichkeiten kennen und wahrnehmen, um auf eine vernünftige zukunftsorientierte Wirtschafts-, Verkehrs-, Umweltpolitik sowie Politik überhaupt einzuwirken.

Über diese Zielvorstellungen wird man sich anhand des Orientierungsschemas in der zu entwickelnden Übersicht des Inhaltsstrukturkonzepts (s. vorst. Abb.) verständigen. Des weiteren sollte geklärt werden, wieweit mit Bezug auf den Projektverlauf am Ende konkrete Lernziel-Kataloge zur Qualifikations-Überprüfung und als Grundlage der Lernerfolgs-Kontrolle sowie der Leistungsbewertung herangezogen werden sollten. Deren Aufstellung könnte man verstärkt dem Geschick der Moderatoren/Lehrer überlassen, wobei zu beachten ist, dass man Sozial- und Individual-Kompetenz nicht so wie abfragbares Wissen operationalisieren, prüfen und beurteilen kann.



Inhaltsstrukturierung und Planung des Projektunterrichts 

In der Planungsphase des Unterrichtsprojekts geht es zunächst darum, eine inhaltliche Übersicht zu gewinnen, um das Themengebiet zu Arbeitsaufträgen aufzufächern und daraufhin Arbeitsgruppen zu bilden. Dazu bietet es sich an, mit bestimmten Leitfragen anzusetzen wie: Welche Vor- und Nachteile hat das Auto für uns? Welche Bedeutung kommt ihm in unserem Leben zu? Wieso wird es zunehmend zum Problem? Warum steht es im Spannungsfeld "Mensch - Natur - Technik"? Inwiefern sind die Bereiche Gesellschaft, Wirtschaft, Politik mitbetroffen? Was passiert, wenn die Entwicklung mit dem Auto so weiter geht wie bisher? Was sollte, müsste, könnte daran geändert werden? Wer ist dafür zuständig, trägt dafür Verantwortung? Welche Maßnahmen und Strategien kommen in Betracht? Wieweit kann ich selbst Einfluss nehmen? Welche persönlichen Einstellungen und Verhaltensweisen zur "Automobilität" sind künftig fragwürdig, wünschenswert, anzustreben? Wie stark dabei die Projektleiter oder Moderatoren (je nach Schulform Fachlehrer für Technologie, Naturwissenschaften, Politik, Wirtschaftskunde, Deutsch) lenkend eingreifen, Fragen vorformulieren, sie im Unterrichtsgespräch ("Runder Tisch") gemeinsam mit den Lernenden vorbereiten oder mit Hilfe der Moderationstechnik gar selbst finden lassen, muss sich nach den jeweiligen Voraussetzungen und Bedingungen richten. 

Im freien Brainstorming oder Brainwriting (als Tafelanschrieb oder auf Karteikarten), das je nach Planungsvorlauf ggf. eine allgemeine Vorbereitung der Teilnehmer einschließen kann, lässt sich dann eine spontane Stoffsammlung zusammentragen, die im nächsten Schritt sachlich nach Inhaltsaspekten und hierarchisch nach Ober- und Unterbegriffen geordnet wird. So können anhand von Strukturbäumen des Mind-Mapping die wichtigsten Einfluss- oder Themenbereiche mit Einfluss- oder Bestimmungsfaktoren sowie Deskriptoren oder Kennschlagwörtern wie in unserer Übersicht (vgl. Abb.) zusammengestellt werden. Wenn die Begriffe auf Karteikarten stehen, lassen sie sich schnell zuordnen und wieder ändern, bis die Gesamtstruktur am sinnvollsten erscheint. 



Der Inhaltskatalog wird je nach Kenntnisstand und Vorbereitungsgrad oder Einlassung der Moderatoren unterschiedlich und meist noch nicht so ausführlich ausfallen. Das ist auch nicht unbedingt erforderlich, um auf dieser Grundlage Projektarbeitsgruppen zu bilden. Die am Projekt Beteiligten planen gemeinsam die Lernorganisation: die Rollen und Zuständigkeiten der Moderatoren oder Fachlehrer, den zeitlichen Ablauf, die Materialbeschaffung, den Materialaustausch zwischen den Gruppen, die Größe und Zusammensetzung der Arbeitsgruppen (ggf. nach gruppendynamischen Gesichtspunkten, wobei persönliche Interessen möglichst berücksichtigt werden sollten), die Materialauswertung in den Gruppen, Einzelarbeiten und eventuelle Spezialaufträge, den Erfahrungsaustausch zwischen den Gruppen, Expertenbefragungen, Besichtigungen, Experimente, Interviews, das Festhalten und die Präsentation der Gruppenergebnisse, ihre Übermittlung an die anderen Gruppen, die Aneignung der Gesamtergebnisse, ihre Diskussion im Plenum, ihre Verwertung für Leistungskontrollen und zur Leistungsbenotung, für Veröffentlichungen, Ausstellungen, Anschlussprojekte, weitere Aktionen. Am Schluss der Planungsphase haben sich die Arbeitsgruppen zusammen gefunden und sind in der Lage, gezielt die eigentliche Projektarbeit aufzunehmen. 

Ausführung der Projektarbeit in Gruppen (Durchführungsphase)

Die Arbeitsgruppen haben jeweils den Auftrag, ihren mehr oder weniger vorstrukturierten Themenbereich sachgerecht zu gliedern, differenzieren, konkretisieren, wobei die Stoffsammlung lediglich einen vorläufigen Rahmen darstellt. Es kann sich durchaus als angemessen oder sinnvoll erweisen, einzelne Teilgebiete unter den Gruppen zu verlagern, auszutauschen oder gar auszugrenzen, was nicht zuletzt auch von der Informations-Beschaffung abhängen kann. Auf jeden Fall geht es darum, durch einschlägige Daten aus den Kennschlagwörtern, als die die Deskriptoren in der Stoffsammlung im Grunde anzusehen sind, möglichst eindeutige Kenngrößen zu machen. Das heißt, qualitative Deskriptoren werden durch genaue Sachverhaltsbeschreibungen und Fachausdrücke präzisiert und quantitative Deskriptoren durch Meßziffern oder nachgewiesene Zahlenangaben. Eine wesentliche Voraussetzung für die Qualität der Arbeitsgruppen-Ergebnisse sind zunächst die zur Verfügung stehenden Informationsquellen und Arbeitsunterlagen. 

Die Materialbeschaffung nehmen die Arbeitsgruppen zweckmäßig arbeitsteilig vor, was auch bei Parallelgruppenarbeit rationell ist. Materialbeschaffungsstellen werden gemeinsam erörtert, bekannt gegeben, untereinander aufgeteilt und noch zusätzlich gruppenspezifisch ermittelt: Landes-, Stadt-, Fach-, Schulbibliotheken, Bundeszentrale und Landeszentralen für politische Bildung, Bundesregierung (Presse- und Informationsamt), Bundesministerien, Bundestag und Bundesrat, Länderregierungen, Landesministerien, Landtage, Bundesumweltamt in Berlin, Statistisches Bundesamt, Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (GSF), Institut für Umweltforschung (ifeu), Umweltrat Mensch und Verkehr, Hochschulinstitute (neue Technologien), Deutsche Bahn AG, politische Parteien, Autohersteller, Verband der Automobilindustrie (VDA) in Frankfurt/M., ADAC in München, Deutscher Verkehrssicherheitsrat e. V. in Bonn, Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Bonn, Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC) in Bremen, Greenpeace in Hamburg, BUND in Bonn, andere Fachverbände (z. B. Informationszentrale der Elektrizitätswirtschaft in Frankfurt), Bürgerinitiativen, TÜV Nord ("Sicher in die e-mobility"), NOW - Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie ("Ein Portfolie von Antriebssystemen für Europa: Eine faktenbasierte Analyse"), Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung/NOW: Szenarien zum Infrastrukturaufbau für Elektromobilität", Bundesministerium für Bildung und Forschung: Ausbildungsberufe für die Elektromobilität (DVD)   u. a. 

Auf einige Quellen für das Projekt sei besonders hingewiesen: "Klimaschutzprogramm 2000" sowie "Zukunftsinvestitionsprogramm (ZIP)" 2001 der Bundesregierung; Firmen-Infos von Mitsubishi zum Elektro-Auto "FTO-EV" mit Lithium-Ionen-Akku sowie Outlander 2.0 PHEV (Plug-in-Hybrid-Electric Verhicle), von Nissans Vehicles to Grid (V2G) "Leaf" und "e-NV 200" (bi-direktonales Laden),  von Ford zum Elektro-Auto "Think" und "e-ka" mit Nickel-Metallhydrid-Batterien, von BMW zum Wasserstoff-Auto (mit Verbrennungsmotor) "Clean-Energy", von GM/Opel zum Brennstoffzellen-Auto (mit Wasserstoff) "HydroGen 1" (umgerüsteter Zafira), von DaimlerChrysler zum Brennstoffzellen-Auto "Necar 5" (auf Basis der Mercedes-A-Klasse), von Toyota zum "Prius" mit Hybridantrieb (Elektro- und Benzin-Motor), von VW zum 3-Liter-Auto "Lupo", von Audi zum "A 4" mit Leichtmetall-Aluminim-Fahrwerk; den jährlichen Datenreports vom Statistischen Bundesamt besonders zu den Themen "Verkehr, Energie und Rohstoffe, Umwelt"; Unterrichtsmaterialien "Politik betrifft uns" Nr. 7+8/91 "Rasen als Wohlstandskult?" und Nr. 2/99 "Ökosteuer" (Bergmoser+Höller Aachen); Arbeits- und Lehrerheft "Umweltfragen" zum Ökosystem, Treibhauseffekt, Waldsterben, Verkehr, zur Umweltpolitik (HERRNLEBEN/HENRICH 1997); Shell-Umweltberichte (ifeu) zu Klimaschutz, Luftschadstoffen, Umweltschutz bei Shell; IZE (Hg.): Meinungen zu Energie und Umwelt (Befragungen in Ost- und Westdeutschland); BMFT (Hg.): Unsere Erde im Wandel (Erde als globales System), Bonn 1992 ff.; Informationen zur politischen Bildung Nr. 219/1990 ff. "Umwelt" (Smog, Waldsterben, Ökonomie - Ökologie, Umweltpolitik); PZ Nr. 68/1992 "...denn wir haben nur diese eine Welt" (Umweltbewusstsein der Bevölkerung), beide hg. von der Bundeszentrale für politische Bildung Bonn; zum Nachschlagen: ökologische Handbücher, Lexika, Basiswissen der Bundeszentrale und Landeszentralen für politische Bildung sowie des Umweltbundesamtes. Nicht zuletzt ist ein Klassen- oder Gruppenbesuch der VW-AUTOSTADT in Wolfsburg (www.autostadt.de) anzuraten, wo man sich u. a. anschaulich über die Entwicklung des Automobils informieren, einen Verbrauchstest mit einem VW Lupo auf dem Rollenprüfstand durchführen, in der WerkStadt "Autolab" verschiedene Experimente absolvieren ("Zeithaus"), interessante Vorführungen und Filme zum Auto in Pavillons, im KonzernForum, KundenCenter erleben kann.


Unter der Voraussetzung, dass die Schüler und Schülerinnen die Lern- und Arbeitstechniken, Diskussionstechniken, Regeln der Gruppenarbeit beherrschen, widmen sich die einzelnen Arbeitsgruppen selbstständig ihrer Arbeit und bestimmen ihre interne Arbeitsweise im vorher festgelegten Rahmen: den Umfang der Recherche und Ausarbeitung, den Grad der inhaltlichen Differenzierung und Spezialisierung, die Auswahl und Verteilung der Unterlagen, die Arbeitsteilung unter den Gruppenmitgliedern, die Terminplanung. In der Regel werden die Teilnehmer einzeln und zu mehreren (auch zuhause) Material gezielt sichten und analysieren, markante Texte, Schaubilder, Prinzipskizzen herausstellen, Konspekte, Exzerpte, Beschreibungen, Übersichten, Merkblätter, Statistiken, Zeichnungen, Fotos, Collagen, Wandzeitungen u. ä. anfertigen und in der Gruppe besprechen und kritisch auswerten, Sammelmappen anlegen. Ggf. werden Experimente, Besichtigungen, Expertenbefragungen, Fallstudien, Konfliktanalysen, Planspiele durchgeführt. Zwischen den Projektgruppen findet eine Kooperation zur Abstimmung und Abgrenzung der zusammenhängenden Untersuchungs-Gegenstände und Probleme statt.

Ergebnissicherung, Verwertung und Verlaufskritik (Zusammenführungs- und Auswertungsphase)

Zum Arbeitsauftrag der einzelnen Gruppen gehört neben der Dokumentation der Ausarbeitungen und Materialien, die wichtigsten Ergebnisse zusammenzufassen und daraus Informations- und Diskussionspapiere für die anderen Gruppen bzw. das Plenum zu erstellen. Die Unterlagen, die Daten, Fakten, Thesen, Probleme, Diskussionsfragen in Textform, Tabellen, Grafiken, Bildern enthalten, werden allen am Projekt Beteiligten rechtzeitig zugestellt, damit sie sich auf die Plenumsveranstaltungen vorbereiten können. Deren Umfang richtet sich nach der Komplexität und dem Schwierigkeitsgrad der Thematik und Problematik, der Gruppenzahl und deren Arbeitsgebiete, der Diskussionsfreudigkeit der Teilnehmer. Die vorgelegten Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgrupen werden durch Referate, Einzelberichte, Präsentationen ergänzt und nacheinander und/oder kontrovers diskutiert. Dabei fungieren die jeweiligen Gruppenmitglieder auf ihrem Gebiet als Expertenteams und erörtern und beurteilen die vielfältige Thematik und Problematik von ihrem Standpunkt und ihren Gruppenergebnissen aus. Der hier zu vollziehende Erfahrungsaustausch ist bei einer Arbeitsteilung zwischen den Gruppen besonders wichtig und nachhaltig vorzunehmen, weil es nun gilt, die Spezialisierung zu überwinden und das Expertenwissen des Einzelnen auf den Gesamtbereich "Auto, Verkehr und Umwelt" auszuweiten und somit die curriculare Integration von technisch-naturwissenschaftlichen, ökologischen, sozio-ökonomischen und politischen Lerninhalten, also von berufsfachlicher und allgemeiner Bildung zu gewährleisten.

Nach der gruppenübergreifenden Zusammenschau könnte die kritische Urteils- oder Meinungsbildung noch in Hearings mit Fachleuten aus dem öffentlichen Leben oder Debatten mit Politikern sowie durch Teilnahme an Veranstaltungen, die einer Verbesserung des Umweltschutzes dienen, vertieft werden. Auch eine Veröffentlichung der Ergebnisse in der Schulzeitung, in Fachzeitschriften, Flugblättern und anderen Medien stellt eine sinnvolle Verwertung dar, denn in solchen Bewährungsproben des Alltags erweist sich die eigentliche Praxisrelevanz der Projektarbeit. Gleichwohl kommt es auf Konsequenzen für die praktische Arbeit in der Schule und Folgerungen zur Projektfortsetzung oder für Anschlussvorhaben an. Die Verlaufs- oder "Manöver"-Kritik am durchgeführten Unterrichtsprojekt soll dazu verhelfen, aus Schwächen und Fehlern für das nächste Mal zu lernen.

Zeigt sich der Unterrichtserfolg bereits in der Anwendung auf Transferfälle und Alltagssituationen, so geht es dennoch um die Beurteilung und Bewertung von mündlichen, schriftlichen, darstellerischen Einzel- und Gruppenleistungen für die Zeugnisnoten. Insofern liegt eine Verwertung der Projektergebnisse für Aufsätze, Klassenarbeiten, Tests in den beteiligten Fächern, Lerngebieten oder Lernfeldern nahe. Dafür bietet sich auf Grund der gesammelten Erfahrungen gleichfalls der Entwurf von Szenarien an, ohne dass die Szenario-Methode in den einzelnen Phasen praktiziert werden muss. Die Projektteilnehmer dürften durchaus befähigt sein, unter Voraussetzung der bekannten Bedingungen ein Trendszenario oder unter Annahme einer höchst ungünstigen Entwicklung ein negatives Extremszenario zu beschreiben, während sie das "ideale Umweltauto" als Positivszenario darstellen könnten. Als spezieller Arbeitsauftrag, ggf. für eine Hausarbeit mit Präsentation, käme auch eine Untersuchung zum Wankel- oder Kreiskolben-Motor als fortschrittliche Alternative zum Hubkolbenmotor in Betracht, indem man am Beispiel des „NSU Ro 80“ ergründen könnte, warum sich diese progressive Antriebslösung als Zukunftsmodell in den 1980er Jahren z. B. wegen der Dichtungsprobleme nicht durchgesetzt hatte und es erst der Elektromobilität im jetzigen Jahrhundert bzw. Jahrtausend bedurfte, denn schließlich war der Elektromotor schon lange vorher erfunden worden und hatte sich als vielseitig verwendbare Kraftmaschine längst bewährt.

Fortsetzung und Aktualisierung des AUTO-Projekts als Technik-Revolution im Zuge der Elektromobilität zur Rettung von Umwelt und Klima

Nach der Jahrhundertwende 2000 erfolgte endlich unter dem erhöhten Druck und Zwang sowie der Zuspitzung der drohenden Klimakatastrophe die weltweite Weichenstellung zur Elektromobilität. Dieses Ereignis im Zuge globaler Digitalisierung kommt einer technischen Revolution mit großen gesellschaftlichen, ökonomischen Umwälzungen gleich. Deshalb erfordert das aktuelle Thema Elektroauto eine breite kritische Auseinandersetzung mit diesem überfälligen technischen Fortschritt. Und zwar ersetzt der kreisförmig, effizient und direkt CO2-frei arbeitende Elektromotor als Antrieb unserer Kraftfahrzeuge den Verschleiß anfälligen, konstruktiv aufwendigen Hubkolben-Motor und zudem das komplizierte Schaltgetriebe und trägt so maßgeblich zur Ressourcen-Schonung, Umwelt- und Klima-Entlastung bei. Mit diesem positiven Entwicklungstrend gilt es, für die sachliche Akzeptanz der E-Autos zu werben, während man die Verbreitung der E-Bikes und E-Skooter als Energie verschwenderisch, verkehrstechnisch gefährlich, der Volksgesundheit abträglich durchaus problematisieren müsste. Allerdings gehört dazu auch die vernünftige Erörterung der Nachteile und Probleme, welche diese Errungenschaft mit sich bringt und weshalb sie solange auf sich warten ließ.

Technisch musste vor allem die Schwierigkeit gelöst werden, den Fahrzeug-E-Motor praktikabel und annehmbar mit elektrischer Energie zu versorgen. Was bei der elektrifizierten Eisen- und Straßenbahn sowie mit begrenzter Reichweite städtischer O-Bus-Llinien längst gelang, ließ sich nicht direkt auf den mannigfaltigen freizügigen Individualverkehr in persönlichen Autos übertragen. Dazu mussten erst die vertretbar leistungsfähigen und schnell aufladbaren Batterien einschließlich funktionierender Stromnetzversorgung in großem Umfang entwickelt und bezahlbar hergestellt werden, wobei nicht zuletzt das hohe Gewicht herkömmlicher Akkus reduziert werden musste. Als derartige Energiespeicher haben sich zur Zeit Lithium-Ionen-Akkumulatoren durchgesetzt, die aus Einzelzellen zu Modulen und Batteriesystemen gefügt werden. Ihre Zyklenfestigkeit bzw. Lebensdauer sowie Wirtschaftlichkeit ist so gesteigert worden, dass die E-Autos mit vergleichbaren Verbrennungsmotor-Fahrzeugen konkurrieren können, zumal man die ausgedienten Akkus recyclen und weiter verwenden kann. Indes geht der beträchtlich vermehrte Rohstoffabbau von Lithium mit negativen Umweltauswirkungen in den betroffenen Ländern einher. Wenn Antriebsbatterien an Fahrzeugbränden beteiligt sind, ist die Brandbekämpfung schwierig, da für den Abtransport spezielle Kühlcontainer benötigt werden. Denn neben dem herkömmlichen 12-V-Bordnetz besteht eine Hochvolt-Spannungsebene von 250 V bis 400 V für den Antriebsstrang. Und für die Hochvolt-Technologie ist auch eine adäquate Berufsfortbildung der Kfz.-Handwerker erforderlich.

Um den Hauptvorteil der lokalen Abgas-Emissionsfreiheit des Elektroantriebs für die Klimarettung zu gewährleisten, ist schließlich entscheidend, dass der zusätzliche Strombedarf durch erneuerbare Energien gedeckt wird. Wenn diese Grundvoraussetzung erfüllt ist, dann kann man sich an den weiteren Vorteilen erfreuen wie hohes Drehmoment des Motors ab dem Stand, elektromagnetische Nutzbremsung mit weniger Emissionen aus Feinstaub von Bremsbelägen, höherer Fahrkomfort durch vibrationsarmen Antriebsstrang ohne Schaltvorgänge, geringere Wartungskosten durch weniger Antriebsverschleiß, besseres Innenraumverhältnis in Relation zur Fahrzeuggröße, leiser Fahrbetrieb, besonders beim Anfahren an Kreuzungen und Ampeln und in Wohngebieten. Dann mag man gewisse Nachteile in Kauf nehmen wie höheren Anschaffungspreis trotz Förderprämien, geringere Reichweite und mehr Zeitaufwand bei einer Aufladung im Vergleich zum Betanken, beschränktes Angebot an öffentlichen Ladestationen, lückenhafte Service-Infrastruktur an Werkstätten, elektrisches Heizen wegen fehlender Motorwärme. Für die flächendeckende Umsetzung sind vor allem längere Übergangsfristen hinsichtlich der Produktionsengpässe, Materialbeschaffungen, Arbeitsplatzumrüstungen, Umschichtungen der Arbeitskräfte erforderlich. Nicht zuletzt muss auf die Schwierigkeiten der ärmeren Leute und dezentralen Landbevölkerung Rücksicht genommen werden, indem die herkömmlichen Fahrzeuge und Altautos sinnvoll und rentabel noch weiter genutzt sowie umwelt- und klimafreundliche Alternativantriebe mit Brennstoffzellen, Wasserstoff oder Hybridkonstruktionen eingesetzt werden.

Literaturhinweise zum Projektunterricht (Umweltauto)

Nadine Appelhans, Jürgen Gies, Anne Klein-Hitpaß (Hrsg.): Elektromobilität: im Spannungsfeld technologischer Innovation, kommunaler Planung und gesellschaftlicher Akzeptanz. [Difu-Impulse Bd. 1] Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin 2016;
Achim Brunnengräber, Tobias Haas (Hrsg.): Baustelle Elektromobilität. Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität. transcript, Bielefeld 2020;
Martin Doppelbauer: Grundlagen der Elektromobilität: Technik, Praxis, Energie und Umwelt. Springer Vieweg, Berlin 2020;
Achim Kampker, Dirk Vallée, Armin Schnettler (Hrsg.): Elektromobilität: Grundlagen einer Zukunftstechnologie. 2. Auflage. Springer Vieweg, Berlin / Heidelberg 2018;
Oliver Schwedes, Marcus Keichel (Hrsg.): Das Elektroauto. Mobilität im Umbruch. Wiesbaden 2021;
Volker Christian Manz, Halwart Schrader: Alternativ mobil. Von 1881 bis morgen. Georg Olms Verlag, Hildesheim 2022;
Offizieller Messeführer "E-Mobilität" zur MobiliTec 2012 auf der Hannover Messe vom 23.-27.04.2012.  
Bartels, Thomas/Hollenbach, Alfred/Kaiser, Heinz/Weinbrenner, Peter: Auto 2010 - Dokumentation einer Lehrerfortbildung zur Szenariomethode als ein Beispiel für den sozialwissenschaftlichen Unterricht. Schriften zur Didaktik der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Uni Bielefeld Nr. 35 (o. J.).
Bonz, Bernhard: Umweltprobleme und Technikunterricht. In: technic didact 9 (1984) 4, S. 215-220.
Bundesministerium des Innern (BMI, Umweltbundesamt) (Hg.): Was Sie schon immer über Auto und Umwelt wissen wollten, Stuttgart u. a. 1983. 
GLOBAL 2000 - Der Bericht an den Präsidenten. Hg. der deutschen Übersetzung Reinhard KAISER, Frankfurt/M. 1980 (Zweitausendeins).
Gruner, Steffen: Auto und Umwelt. Ein praktisches Beispiel aus der Instandhaltungsausbildung. In: berufsbildung 53 (1999) 56, S. 11-13.               König, Johann-Günther: Die Geschichte des Automobils, Stuttgart 2010 (Reclam);  Leimkühler, Ina: Droht der Verkehrsinfarkt? Konzepte für eine zukünftige Verkehrspolitik. Schriften zur Didaktik der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Uni Bielefeld Nr. 28 (o. J.).
Niedersächsisches Kultusministerium (Hg.): Rahmenrichtlinien für das Unterrichtsfach Politik in berufsbildenden Schulen, Hannover 1994
Pukas, Dietrich: Das Auto - ein Arbeitslehreprojekt. In: Die Arbeitslehre 5 (1974) 3, S. 123-133.
Pukas, Dietrich: Umweltkonzept „Auto“ als interdisziplinäres Unterrichtsprojekt. In: Erziehungswissenschaft und Beruf 49 (2001) 3, S. 305-331
Pukas, Dietrich: Projektmanagement und Projektarbeit. In: Erziehungswissenschaft und Beruf 52 (2004) 2, S. 187-211
Spöttl, Georg: Das Langzeitauto - ein Fallbeispiel zur Einführung von Lernern des Berufsbildungssystems in die "Technik und Umwelt"-Diskussion. In: Melezinek, Adolf (Hg.): Technik und Umwelt, Alsbach 1983, S. 309-317.
UNESCO-Verbindungsstelle für Umwelterziehung im Umweltbundesamt (Hg.): Unterrichtsmaterialien zum Thema Ökologie/Umweltschutz für den Sozialkundeunterricht an berufsbildenden Schulen. Bd. 1: Söhne der Erde - Einführung in die Umweltschutzthematik. Bd. 2: Machen Autos krank? Thema Luftverunreinigung, erarbeitet von der Projektgruppe Dieter Jungk u. a. (Institut der Uni Hannover), Berlin 1983/84.
Weinbrenner, Peter: Mit Vollgas in den Stau? Europäische Verkehrspolitik im Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie. Schriften zur Didaktik der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Uni Bielefeld Nr. 43 (o. J.).
Weinbrenner, Peter: Auto-Mobilität und neue Leitbilder - Anregungen und Hilfen für die didaktische und methodische Umsetzung. Schriften zur Didaktik der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Uni Bielefeld Nr. 70 (o. J.). 

Links, die weiter helfen                                                             

http://www.autostadt.de (Autostadt Wolfsburg);
http://www.bpb.de (Bundeszentrale für politische Bildung);                                       http://bundesumweltamt.de (Auto + Verkehr);                                                       http://www.vsa-verlag.de/pdf_downloads/VSA_Schumann_Auto5000.pdf (neues Produktionskonzept "Auto 5000");                                                                        http://www.innovations-report.de/berichte/berichte_liste.php?show=19 (Automotive - Automobil-Innovationen);                                                                               http://de.wikipedia.org/wiki/Automobil (Entwicklung des Automobils);       http://www.mercedes-benz.de (Zukunftsautos, neue Technologien, Umweltpolitik)  sowie die genannten Autohersteller,                                                                     http://www.welt.de/wissenschaft/article1916191/ Warum_Frauen_die_besseren_Beifahrer sind.html (Autofahrer-Psychologie),         http://www.welt.de/motor/article3590103/Warum-der-Temporausch-so-menschlich-ist.html (Temporausch),                                                                             http://www.gyrosmafia.de/cms/upload/pdfs/Verkehrspsychologie/FahrtÜchtigkeit/ Alte_Fahrer/HS_Fahrtuechtigkeit_Alte_Fahrer.pdf (Verkehrspsychologie),   http://www.reclam.de/detail/978-3-15-020214-2 (Geschichte des Autos),