Zur Kritik an der problematischen Seminarausbildung
der Lehrer:innen Kommentar vom 04.08.2024
Dass die GEW
auf die brisante Misere in der zweiten Phase der Lehrerausbildung aufmersam
gemacht hat*, ist sehr begrüßenswert, weil die hohen Abbrecherraten angesichts
des eklatanten Lehrermangels ein Skandal sind, zumal ich bereits ab 1968 Grund
hatte, diese Ausbildungsproblematik im beruflichen Schulwesen öffentlich zu
beklagen**. Schon damals lernte ich die Angelegenheit des Praxisschocks für
angehende Lehrer:innen besonders intensiv und aufschlussreich kennen, weil ich
zum ersten Jahrgang der Berufsschullehrerausbildung für den höheren Dienst in
Niedersachsen gehörte und die Schwächen und die Probleme des staatlichen Studienseminars
nach dem Gymnasialvorbild gerade in der Anfangsphase sehr potenziert auftraten
und wie man nun in den jüngsten Berichten erfährt, bis heute mit abschreckender
Wirkung andauern. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung als Ausbildungslehrer,
didaktischer Koordinator und Schulreformer kann ich die Kritik von Otto und
Heimann am Referendariat voll bestätigen und möchte aus meiner Sicht auf die
Kernprobleme eingehen und die Hauptthesen erläutern, dass eine Zementierung des
Alten sowie Verhinderung von Innovationen grundsätzlich stattfindet und
vielfach eine Demütigung nicht nur der Referendare:innen, sondern ebenfalls der
betreuenden Ausbildungslehrer:innen erfolgt.
Durch die
Referendariatsausbildung im Studienseminar sollen die angehenden Lehrpersonen
zu guten Staatsbeamten sozialisiert, in der Regel an die Staatsbürgertugenden und
Normen der Obrigkeit angepassten werden. Das heißt vor allem, sich die
Arbeitstugenden durch großen Fleiß anzueignen, ohne die gesetzten Vorgaben und
vorfindlichen Bedingungen allzu kritisch zu hinterfragen, sondern dankbar und
vertrauensvoll als Chance, dem Land und Volk dienen zu dürfen, anzunehmen. In
diesem Sinne sollten wir damals statt wie bisher als Gewerbeoberlehrer nun als
Aspiranten für den höheren Staatsdienst etwa gegenüber den gleichgestellten
Gymnasiallehrern 28 Regel-Wochenstunden (statt 24 Pflichtstunden an Gymnasien)
hinnehmen, mussten im Vorbereitungsdienst 14 Wochenstunden selbstständigen
Unterricht erteilen bei weniger als der Hälfte des Normalverdienstes, 8
Wochenstunden Ausbildungsunterricht ableisten und uns einen ganzen Tag in der
Woche im Studienseminar belehren lassen. Vor allem mussten wir detailliert über
unsere Referendartätigkeit schriftlich Rechenschaft ablegen: in einem
10-seitigen Formular-Wochenbericht sowie mit ausgearbeiteten
Unterrichtsunterlagen, außerdem Unterrichtsentwürfen für regelmäßige
Lehrproben, abgesehen von den Vorbereitungen der Prüfungslehrproben und
Anfertigung der Zweiten Staatsexamensarbeit. Damit fühlten wir uns zeitlich und
kräftemäßig überfordert und weil wir uns vom Studium an der PHG Hannover bereits
fachrichtungsübergreifend kannten, verweigerten wir geschlossen und erfolgreich
die nicht zielführenden Rechenschaftsberichte und erlaubten uns zur
Vereinfachung der eigenen Unterrichtsarbeit die eingeführten Schulbücher im
Technologie-, Fachrechen- und Fachzeichenunterricht, Gemeinschaftskunde-,
Wirtschaftskunde- und Deutschunterricht zu verwenden. Indes gewährte man diese
Entlastung nicht mehr dem weniger einigen Nachfolgejahrgang, aus dem ich sofort
nach meinem Ausbildungsabschluss zwei Referendare als Ausbildungslehrer zu
betreuen hatte. Deren Klagen über die erlittenen Zumutungen veranlassten mich
zu meiner Veröffentlichung über die „Unpädagogik im Studienseminar“, womit ich
mir für die Nachseminarzeit einigen persönlichen Respekt verschaffen konnte.
Unsere Seminarausbilder
besaßen für ihre neue Tätigkeit keine spezifische Zusatzausbildung, sondern
waren aufgrund ihrer Bewährung und Berufserfahrung qua Obrigkeitsernennung ins
Beförderungsamt gekommen und dankten dies durch Wohlverhalten ihren
Weisungspersonen in Schulaufsichtsbehörde und Ministerium. Als
Neuland-Beschreiter hatten sie durchaus unsere Nachsicht, aber sie hätten uns
Anfänger für unsere unvollkommenen, Defizit behafteten Leistungen nicht gar so wenig
nachsichtig, jedoch besserwisserisch behandeln bzw. auseinandernehmen müssen.
Als Erfüllungsgehilfen der Vorgesetzten ereiferten sie sich doch vielfach
ziemlich stark darin, die Unterrichtslektionen und Lehrproben von uns Kandidaten:innen
bei ihren Stellungnahmen und Beurteilungen mit allen möglichen theoretischen
oder optimalen Forderungen zu konfrontieren, sodass unsere probehaften
Konzeptionen von Versuchenden oft nur noch als gerade tragbares Gönnergebilde
erschienen und angesichts der bestmöglichen Vorstellungen ziemlich negativ
bewertet wurden. Wir hatten manchmal den Eindruck, dass gewisse Unsicherheiten
dafür verantwortlich waren, vor exponierten Urteilen zurückzuschrecken, und
hätten uns öfter beratende Hilfestellungen und Mutzusprache gewünscht. Auch
hätten wir gerne mal erfahren, dass der eigene beschrittene und begründete
Alternativweg durchaus ebenfalls eine gangbare Möglichkeit darstellt und man
beim nächsten Mal nicht das Übliche oder lang Bewährte machen sollte. Das war
besonders später bei meinen Referendaren:innen mit ihren kreativen Lösungen
wichtig, die ich im Politik- und Deutschunterricht der Berufsaufbau- und
Fachoberschule betreute.
Jedenfalls stellte ich in meiner
kritischen Abhandlung über das Studienseminar als Schlussfolgerung zur
Verbesserung drei Grundforderungen zur Beurteilung von Unterrichtslektionen und
Lehrproben auf: 1. Keine Verabsolutierung irgendwelcher
pädagogischen Prinzipien und Methoden; 2. Allen Kandidaten:innen ihre je
eigenen didaktisch-methodischen Auffassungen; 3. Aufbauende Kritik zur
Selbsterkenntnis und Optimierung üben! Und in meiner Erörterung zum
Surrealismus in der Seminarausbildung befasste ich mich mit der Diskussion Anfang
der 1980er Jahre über die „Feiertagsdidaktiken“ und den „Praxisschock“ und
prangerte die geringe Praxistauglichkeit im Studienseminar an. Zentral ging es
um die modellhafte, abgehobene Seminarforderung, die Lehramtsanwärter:innen
müssten mit der Unterrichtsvorbereitung und 45-Minuten-Lehrprobe ihr ganzes
Können und die möglichst gesamte Bandbreite des didaktisch-methodischen
Repertoires zeigen, dann seien sie für alle einzelnen, einfacheren
Unterrichtssituationen bestens gewappnet. Dem stellte ich als realistische,
konkrete Seminaraufgabe gegenüber, den Lehrern:innen in der zweiten
Ausbildungsphase beizubringen, wie sie für 26 Stunden in der Woche vernünftigen
Unterricht in verschiedenen Fächern, heterogenen Klassen, unterschiedlichen
Schulformen gestalten und durchführen können. Schließlich
will ich noch als aufmunterndes Beispiel schildern, wie ich ganz persönlich diese
allgemein unerquickliche, für mich 2 Jahre dauernde Referendarzeit im
Studienseminar gemeistert habe und warum ich froh bin, Berufsschullehrer geworden
zu sein. Denn ich hatte durchaus Optionen, um auszusteigen, wie es heute so
viele tun. Ich verfügte über Empfehlungen für eine akademische Laufbahn in
philosophischer Richtung; ich hatte das Angebot zweier Unternehmer, für das
doppelte Lehrergehalt in einer Maschinenfabrik Büroleiter mit technischem
Sachverstand zu werden und ich war ernsthaft motiviert, im Falle unerträglicher
Seminarerfahrungen mein klassisches Studium der Metall- und E-Technik für das
Lehramt mit einem Weiterbildungsstudium der Ökologie und Bionik für eine
interessante Berufskarriere aufzustocken. Aber ich wurde durch die
Seminarausbildung nicht vom Berufsbeamtentum abgeschreckt, sondern ich habe den
sogenannten Vorbereitungsdienst voll als Testfeld genutzt, um die
Gestaltungsfreiheiten und kreativen Möglichkeiten des künftigen
Berufsschullehrerberufs auszuloten. Und die erwiesen sich in meinem eigenständigen
Unterricht als enorm, zudem hatte ich einen imponierenden, sehr toleranten
Hauptausbildungslehrer, der mir jeden Spielraum gewährte und mir gute Perspektiven
sonstiger schulischer Mitgestaltung eröffnete einschließlich Weiterbildung und
schulreformerischem Engagement. Und gegenüber meinen Seminarausbildern
verschaffte ich mir durch Unerschrockenheit und Offenheit gebührenden Respekt,
indem ich zweierlei klarstellte: Ich wollte mir bei Fachleitern und
Seminarleiter anschauen, wie sie als erfahrene Fachlehrer den Unterricht
durchführen, den sie uns als vorbildliches Ziel vorhielten. Und ich versprach,
ihnen nicht mehr zur Last zu fallen, wenn ich mich im Laufe der
Seminarausbildung als untauglicher Lehrer herausstelle. Daraufhin bin ich als Referendar
sehr behutsam behandelt worden und konnte meine Ausbildung zufriedenstellend
beenden.
Abschließend
noch eine kritische Anmerkung als Ausbildungslehrer. Es hat mich sehr erzürnt,
dass ich als solcher bei einer Wiederholungs-Abschlussprüfung meines
Referendars offiziell nicht mitreden, sondern nur auf Befragung etwas zur
Klassensituation sagen durfte. Als streitbarer Hintergrund erwies sich, dass
der einmal Gescheiterte nach 1 Jahr Verlängerung m. E. eine nunmehr gute
Lehrprobe vollbracht hatte, jedoch beim zweiten Mal mit gerade ausreichend
bewertet werden sollte. Nur als Vertreter des Schulleiters, der den Kandidaten
kaum kannte, hätte ich ein Mitspracherecht gehabt, was hier nicht der Fall war.
Als Ausbildungslehrer und Vertrauensperson gilt man im Grunde als befangen und
der Kumpanei verdächtig. Mir wurde versichert, dass ich als Klassen- und
Fachlehrer die „Klasse gut im Griff“ habe und unterstellte unausgesprochen
einen entsprechenden Einfluss auf den reibungslosen Ablauf. Dass die
Schüler:innen auch sonst in einem motivierenden Unterricht gerne mitarbeiten und
sich rege beteiligen, das können und wollen sich die Prüfer aufgrund ihrer
eigenen Erfahrungen wohl kaum vorstellen. Literaturhinweise:
*Hansjürgen
Otto: Erfahrungen aus Oldenburg. Studienseminare verbessern oder abschaffen?
In: E&W Niedersachsen 6/2023, S. 14, 15;
Klaus
Heimann: Angst vor dem Referendariat. In: E&W 03/2024, S. 41; **Dietrich
Pukas: Gegen die Unpädagogik im Studienseminar. In: Die berufsbildende Schule
7/8-1968, S. 487-490;
Dietrich
Pukas: Wider den Surrealismus in der Seminarausbildung. In: Die berufsbildende
Schule 4/1981, S. 249-253;
Schockerlebnisnach Harzwanderung – Zu einem unmäßig anmutenden
Polizeieinsatz in Hildesheim Kommentar vom 20.05.2024
Auf wunderschönen Wanderwegen des
internationalen Volkssportverbandes in Wernigerode wanderte ich wieder über 20
km ins Christianental und nach Hasserode und wollte mir die Heimfahrt am späten
Freitagnachmittag vor Pfingsten 2024 nicht durch angekündigte Staus auf der A 2
verderben. Also nahm ich wie so oft die Route auf stressfreien Nebenstrecken
über Goslar, Hildesheim, Eldagsen, Springe für eine gemütliche Autofahrt nach
Bad Nenndorf. Wegen der bereits monatelangen Sperrung der Hildesheimer
Autobahnabfahrt fuhr ich auf der B6 durch die liebliche Hügel- und
Waldlandschaft mit mäßigem Tempo von etwa 80 km/h auf die Großstadt zu – wegen
der Wildwechsel-Warnschilder und meiner Erfahrung mit einem Wildunfall vor 2
Jahren in meiner Schaumburger Heimat vorübergehend auch mal mit 70 km/h, als
plötzlich hinter mir ein Fahrzeug ausscherte und mich mit beschleunigter
Geschwindigkeit trotz nahendem Gegenverkehr überholte und meine Fahrt
gefährlich schnitt, sodass ich nur durch abruptes Bremsen einen Zusammenstoß
vermeiden konnte. Der Schreck fuhr mir derartig in die Glieder, dass ich das
davon sausende Fahrzeug gar nicht detailliert wahrnehmen konnte. Ich war ja
auch froh, dass nichts weiter passiert war, und ahnte nicht, dass ich das
Ereignis schon 15 Minuten später wegen eines anderen Vorfalls völlig vergessen
würde.
Bald nach der Ortseinfahrt in Hildesheim kamen mir in
einer Baustelle auf der Gegenfahrbahn 2 Polizeifahrzeuge mit Blaulicht
entgegen, die plötzlich kurz darauf hinter und neben mir waren. Ich verstand
überhaupt nicht, dass das Verfolgungsmanöver mir galt, als ein Beamter zu
meinem Wagen sprang und verlangte, dass ich auf den nächsten Parkplatz folgen
sollte. Das tat ich, kam mir indes durch die begleitenden Blaulicht-Fahrzeuge
wie ein Schwerverbrecher vor, obwohl ich mir keiner Schuld bewusst war und an
einen großen Irrtum glaubte. Ich konnte gar nicht fassen, was mir eröffnet
wurde. Es sei von einem Autofahrer gemeldet worden, dass ich durch langsame
Fahrweise aufgefallen sei und mal der Straßenmittellinie nahe gekommen sei,
sodass eine Verkehrsgefahr überprüft werden müsse. Ich wies die Anschuldigung
zurück und der vernehmende Beamte erklärte wiederholt, er sei ja nicht dabei
gewesen. Mir war klar, dass ich mich dieser Nachprüfung stellen musste, kochte
aber innerlich vor lauter Wut. Ich musste meine ganze Kraft und Aufmerksamkeit darauf
verwenden, mich auf meine erlernte PMR (Progressive Muskel-Entspannung nach Jakobson)
zu konzentrieren, ruhig zu bleiben und kooperativ bei der Beantwortung der
Fragen, Alkoholtest und der Ausführung diverser Testübungen zur Ermittlung meiner
Ansprechbarkeit, Körperhaltung und -beweglichkeit mitzuwirken. Bereitwillig
führte ich auch einen Blutzuckertest wegen meines Diabetes durch mit dem
Ergebniswert 90 mg/dl. Alles erwies sich als negativ und mir wurde korrekt
eine sehr gute psychisch-somatische Verfassung bestätigt. Das hatte ich auch
erwartet, denn bei meinem Diabetologen werden regelmäßig in jedem Quartal
einschlägige Gesundheitsuntersuchungen zur Vorsorge durchgeführt und belegen
einen permanenten Therapieerfolg. Also war ich entlastet, eine
Protokolldurchschrift gab es bei diesem Resultat ohne Folgen für mich nicht und
für eine angebotene Abfotografie hatte ich mein Smartphone nicht dabei, sondern
nur mein altes Notfall-Handy. Auf meine Frage nach dem Informanten wurde mir
erklärt, dass dieser in einer anderen Parkplatzecke bei den Polizeikollegen
gewesen, inzwischen jedoch zur Wahrung der Anonymität abgefahren war. Ich bekam
meine abgenommenen Ausweispapiere zurück und durfte mich entfernen. Nur ein
Polizeifahrzeug folgte mir – nun ohne Blaulicht – noch fast durch die ganze
Stadt, offenbar zur Beobachtung meiner verkehrsgerechten Fahrweise.
Das unangenehme Spektakel war als
konkretes Ereignis vorbei, erwies sich jedoch, als ich bei der nun folgenden
unaufgeregten Überlandfahrt wieder zur Besinnung kam, als sehr unbefriedigend.
Ich ärgerte mich darüber, dass mir jetzt erst einfiel, dass ich angesichts des
negativen Resultats für mich hätte fordern sollen, dass nun konsequenter Weise
die Wahrnehmungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Informanten hätte ebenfalls
geprüft werden müssen, statt ihn vorzeitig ziehen zu lassen. Nun besann ich
mich auch auf das riskante Überholmanöver vorher: Er kam als Übeltäter immerhin
in Frage, musste er zur Beobachtung meiner Fahrweise doch wohl hinter mir
gewesen sein und wollte vielleicht von seinem möglichen Fehlverhalten ablenken?
Als Motiv, mich anzuzeigen, könnte er sich auch darüber geärgert und
Rachegelüste verspürt haben, dass er wegen der unübersichtlichen
Straßenverhältnisse eine Weile hinter mir herfahren musste, ohne die erlaubten
100 km/h ausnutzen zu können – solche Typen gibt es ja. Deshalb sollte man die
„Hinweisgeber“ karteimäßig erfassen, um etwaige notorische Denunzianten zu
erkennen.
Jedenfalls bin ich überzeugt, dass meine
Fahrweise korrekt gewesen und keinen Anlass zur Beanstandung gegeben hatte, und
mir Unrecht geschehen war. Meine schöne Wandertagstimmung war für diesen Abend
dahin und veranlasste mich danach, meinen aufgestauten Zorn durch das überlegte
Aufschreiben des Ereignisses abzureagieren. Aber selbstverständlich sind solche
Polizeikontrollen für die Verkehrssicherheit grundsätzlich wichtig und
allgemein zu befürworten. Jedoch sollten meine geäußerten Bedenken mehr
Berücksichtigung finden. Auf keinen Fall darf die vorsichtige Fahrweise auf
ausgewiesenen Wildwechsel-Strecken ad absurdum geführt werden. Denn selbst die
an meinem Auto montierten Wildwarn-Pfeifen bieten situationsbedingt nur
eingeschränkten Unfallschutz.
STRABS: Ungerechte Straßenausbaubeitragssatzung - Umstrittene Sozialpolitik der Parteien Kommentar vom 30.08.2021 - Aktualisierung am 25.07.2023
Die STRABS – In der EU gibt es sie nur in Deutschland und
Dänemark. Baden-Württemberg verzichtete darauf von vornherein und auch in
Rodenberg/Deister wurde sie gar nicht erst eingeführt. In Rinteln, Hannover
oder Stade wurde sie abgeschafft, in Bayern hat die CSU sie landesweit versenkt
neben 7 weiteren Bundesländern (s. Tabelle). Mit ihrer Ungerechtigkeit hat sie
rückblickend ziemlich viel Unmut und Leid angerichtet bis hin zu Extremfällen,
dass ärmere und auch ältere Menschen, Rentner und junge Familien regelrecht in
den Ruin getrieben wurden, insofern bei größeren Straßensanierungen anliegende
Grundbesitzer und Gebäudeeigner einseitig, aber ziemlich schlagartig mit bis zu
fünfstelligen Zahlungen zur Kasse „gebeten“ wurden.
In Niedersachsen haben die Landesregierung und die sie
tragenden Landtagsparteien von SPD und CDU das entsprechende Gesetz 2019
lediglich novelliert, um einige Härten abzumildern, aber die Gemeinden sind
dazu nicht verpflichtet worden. Die Kommunen haben Spielraum zur Senkung und
Stundung der Beitragsforderungen erhalten und können den betroffenen Bürgern
Ratenzahlungen gewähren. Oder sie können statt Einmalzahlungen wiederkehrende
Beiträge erheben, allerdings können sie auch beides nebeneinander machen, wie
das OVG Lüneburg einem klagenden Einwohner aus Springe beschied. Auch Proteste,
Forderungen, Klageandrohungen von Bürgerinitiativen und Verbänden wie
Steuerzahlerbund, Haus & Grund, Deutscher Mieterbund, Verband Wohneigentum,
Landesbauernverband anlässlich der Gesetzesänderung konnten den „faulen
Kompromiss“ bislang nicht verhindern.
Die Ungerechtigkeiten und die praktizierten Regelungen
erinnern an modernes Raubrittertum. Denn der Erhalt von Straßen ist Aufgabe von
Bund, Ländern sowie Kommunen und dafür zahlen die Bürger Steuern. Die
Hauseigentümer tragen gar Erschließungsgebühren für ihr Grundeigentum, weshalb
die Doppel- oder Mehrfachzahlungen verboten werden sollten. Die Straßen
benutzen nicht nur Anlieger oder Grundstücks- und Gebäudeeigner, sind
unterschiedlich belastet und zerschlissen. Grundstücke können an mehreren
Straßen liegen und Straßenfronten können mehrere Hinterlieger verschiedener
Größe haben. Unsere anliegenden Straßen in Bad Nenndorf wurden z. B. durch
mehrfachen, längeren Umleitungsverkehr für die B 65 zusätzlich kaputt gefahren,
während Schlaglöcher seit Jahren trotz Verpflichtung absichtlich nicht
ausgebessert werden, damit man uns dann für den umfangreichen Straßenausbau
ausbeuten kann.
Warum können sich Politiker und Verwaltungsstrategen mit
dieser Taktik wider die Bürgerinteressen schon solange behaupten? Weil dies ein
erfolgreiches Paradebeispiel für den Grundsatz ist: „Teile und herrsche!“ Es
ist von Straßenausbau-Maßnahmen immer nur ein relativ kleiner Teil der
Einwohner von einer oder wenigen Straßen betroffen, sodass deren begrenzter
Protest wie z. B. in Steinhude nur wenig auffällt und die Aufsehen erregende
Öffentlichkeit sich kaum oder gar nicht selbst betroffen fühlt und die Verantwortlichen
das getrost aussitzen können, ohne um ihre Abwahl fürchten zu müssen. Im
Übrigen pflegen sie aufmüpfigen Betroffenen Einzelfall-Entscheidungen in
Beschwichtigungsgesprächen mit flauen Kompromissen anzubieten und deklarieren
das „Entgegenkommen“ noch als besonders bürgerfreundlich und demokratisch.
In Sachen STRABS sollte man das nicht länger hinnehmen,
sondern geradlinig die Abschaffung verlangen: in allen Gemeinden, Kreisen,
Bundesländern. Es gibt schließlich genug Beispiele, wie man ohne STRABS
vorzüglich Straßen ausbauen kann, z. B. solidarisch über die Grundsteuer wie in
der Kreisstadt Stadthagen im Schaumburger Land. Oder man kann sich bei der CSU
in Bayern informieren, um sie landesweit abzuschaffen. Jedenfalls ist von einer
politischen Partei, die sich sozial und/oder christlich nennt oder das vorgibt,
zu fordern, dass sie dafür ein Exempel statuiert, indem sie sich ohne
Umschweife für die Abschaffung der STRABS einsetzt. Im guten Sinne der
Demokratie erweist es sich schließlich, die im Föderalismus hervorgebrachten
mustergültigen Lösungen für die Allgemeinheit zu übernehmen. Zur strategischen
Umsetzung mag man sich am Vorgehen in Stade orientieren, wo ein Bündnis von
STRABS-Gegnern die Abschaffung dieses Ungetüms vergangener Zeiten, als alle
Haus- und Grundstücksbesitzer reiche Leute waren, betrieben hat. Oder die
FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag bietet im Internet (s. Links)
aufklärende Informationen über die STRABS und gute Gründe für ihre Beseitigung
an. Die protestierenden Verbände könnten eine Abschaffungsklage vor dem
Europäischen Gerichtshof erwägen. In Lindhorst (Landkreis Schaumburg) haben die
örtlichen STRABS-Gegner bei der letzten Kommunalwahl eine neue Partei "Die
Bürger" gegründet und sind auf Anhieb die stärkste Fraktion im Gemeinderat
geworden und haben den etablierten Parteien vorgeführt, was reale Sozialpolitik
bedeutet.
Die bundesweite Entwicklung
zur Abschaffung der STRABS schreitet in den Bundesländern und Kommunen
mehrheitlich aus guten Gründen für mehr soziale Gerechtigkeit und aufgrund von
Bürger-Engagements unaufhaltsam fort. Deshalb müssen heutzutage auch in Bad
Nenndorf keine Betroffenen mehr, die einen Zahlungsbescheid in vierstelliger
oder eher fünfstelliger Höhe für den Straßenausbau erhalten, dies widerspruchslos
hinnehmen. Sondern sie sollten fristgerechten Widerspruch einlegen und
Transparenz über die zugrunde gelegte Aufteilung und das detaillierte
Zustandekommen der Kosten einfordern. Insbesondere bei Wohnanlagen mit unterschiedlichen
Hinterlieger-Grundstücken und verschiedenen Anteilen an Gemeinschaftsflächen
sollte man auf den genauen und korrekten Ansatz der Größenordnung achten.
Soweit noch nicht geschehen, sollte man der Bad Nenndorfer Bürgerinitiative gegen
Straßenausbaubeiträge (BI) beitreten, um Rat und Unterstützung zu erhalten.
Denn man sollte eine Sammelklage mit Gleichgesinnten und -betroffenen und
versierter Anwaltskanzlei anstreben und sich daran beteiligen, um die
Zahlungsforderung erfolgreich abzuweisen, da die Rechtsgrundlage durchaus
umstritten ist.
Die Siedlergemeinschaft Ortgruppe Bad
Nenndorf im „Verband Wohneigentum Niedersachsen e. V.“ führte in ihrer
Veranstaltung sowie im Flugblatt zur STRABS und der Erneuerung der
Rudolf-Albrecht-Str. dazu aus: Die Stadt Bad Nenndorf erhebt nach dem
Kommunalabgaben-Gesetz Beiträge von den Grundstückseigentümern für den Ausbau
der öffentlichen Straßen und deren mögliche Inanspruchnahme biete ihnen
besondere wirtschaftliche Vorteile. Dagegen gebietet das Straßenverkehrsrecht
nach der Straßenverkehrsordnung einen Zwang zur Fahrbahnbenutzung. Diese
Rechtspflicht löst den tatsächlichen Nutzungsfaktor und den Gebrauch an
gewidmeten Straßen aus und begründet damit eine Gebührenzahlung anstatt einer
Beitragszahlung, womit die Grundlage für die Beitragserhebung zum Straßenausbau
entfällt. Dem Verband Wohneigentum kann man für 48 € Jahresgebühr beitreten
und man erhält dann Rechtsberatung und Rechtsschutz in Sachen STRABS. Spätestens
wenn die eigene Straße ausgebaut wird und der Zahlungsbescheid ins Haus kommt,
wird es den Aufgeklärten und BI-Mitgliedern gelingen, die Nachbarn von dieser
Strategie zu überzeugen.Denn die Eraltung eines funktionsfähigen Straßennetzes gehört als Aufgabe der Kommume zur öffentlichen Daseinsvorsorge und wird durch Steuern und verschiedene Abgaben bereits von den Einwohnern vorfinanziert, da die Straßen dem gesamten öffentlichen Verkehr dienen und der Allgemeinheit gewidmet sind (zur Info https://www.vdgn.de/ihr-thema/strassenbaubeitraege/strassenausbaubeitraege/).
Jüngste Erfolgsmeldung für die „größte Volksinitiative
der Landesgeschichte gegen Straßenausbaubeiträge in NRW“ im Westfalen-Blatt vom
18.10.2023: Die schwarz-grüne Landesregierung hat die Abschaffung der STRABS
zum 01.01.2024 beschlossen, während das Land bereits seit 2018 den Bürgern die
erhobenen Ausbaubeiträge zu 100 % zurückerstattet. Die beteiligten
Verbandsvertreter reagierten mit Erleichterung auf die Entscheidung und der
Städte- und Gemeindebund begrüßte die Entlastung der Verwaltung in den
Rathäusern. Daran sollte sich die rot-grüne niedersächsische Landesregierung
schnellst möglich orientieren, um nicht zum umstrittenen Schlusslicht in dieser
akuten sozialen Frage zu avancieren.
Nicht zuletzt sollten zu der STRABS-Thematik die
Politik-Lehrer/-innen der allgemeinen und beruflichen Schulen interessante
Unterrichtsprojekte und Rollenspiele gestalten, in denen die beteiligten
Akteure und Kontrahenten ihre Argumente austauschen, abwägen und zu
vernünftigen, überzeugenden Schlussfolgerungen gelangen und Strategien zur
Durchsetzung der berechtigten Bürger-Interessen entwickeln. Zur didaktischen Umsetzung möge man sich an meinem vorstehenden Unterrichtsprojekt "Auto" orientieren.
Novellierung des Berufsbildungsgesetzes – Nur DIE
LINKE und die Gewerkschaftsjugend engagieren sich dafür
Kommentar vom 28.05.2018
Die Große Koalition von CDU/CSU und SPD
hatte in der letzten Legislaturperiode noch die Evaluation des geltenden Berufsbildungsgesetzes
(BBiG) (1) als einen Schwerpunkt ihrer Bildungsarbeit vereinbart. Allerdings
hatte die eingesetzte Kommission zur Überprüfung des Vorhabens laut
Evaluationsbericht des BMBF (2) keinen Bedarf für grundlegende oder systemische
Veränderungen festgestellt, sodass keine Reform erfolgte. Und die jetzige GroKo
nahm das gleich zum Anlass, nunmehr als künftige Aufgabe nur noch ergänzend
eine Mindestausbildungsvergütung ins bestehende BBiG zu schreiben. Dabei hatten
sich die Bundestagsfraktion DIE LINKEN sowie die Gewerkschaftsjugend mit umfassenden
Forderungen und konkreten Reformverschlägen massiv für die notwendige
Novellierung eingesetzt, was nicht in Vergessenheit geraten darf, sondern als
wichtiges Anliegen weiter verfolgt werden muss.
Und zwar stammt von
der Bundestagsfraktion DIE LINKE eine
bemerkenswerte, treffende, sachlich gut fundierte Analyse unserer
Berufsbildungssituation vor allem im zentralen dualen Ausbildungssystem, dem
immer mehr die bevorzugten Bildungsgänge über Abitur und Hochschulstudium den
Rang ablaufen. Die Abgeordneten legen darin folgende Probleme dar: Tiefstand
der Ausbildungsbetriebsquote trotz unbesetzter Ausbildungsplätze, Rekrutierungsschwierigkeiten
bei Hauptschülern mit und ohne Abschluss, zu wenig Fördermöglichkeiten wie
Berufseinstiegsbegleiter für Unterstützungsbedürftige, unnötige Warteschleifen
im Übergangssystem, Besetzungsschwierigkeiten von Klein- und Kleinstbetrieben, Disparitäten
zwischen Regionen, Wirtschaftszweigen und Berufen, geringe Ausbildungsqualität
und Nachfrage bei bestimmten Berufen, unvorteilhafte Arbeitszeiten und
Vergütungen, Verstöße beim Jugendarbeitsschutz, zu viele Ausbildungsvertragsauflösungen.
Andererseits wird auf den Bedarf hingewiesen an rechtssicheren Regelungen und
Standards für die Qualität der Ausbildungsformate, was auch für den Praxisteil
des dualen Studiums, das immer mehr zunimmt, zu gewährleisten ist. In einem
gesetzlichen Regelwerk müssten u. a. Rechte und Pflichten von Auszubildenden
und Ausbildern mitsamt Ausbildereignung, angemessene Bestimmungen für Prüfungen
einschließlich Berufsschulleistungen, Ausbildungsnachweis und Anrechnungen,
Teilzeitausbildung, Ausbildungsvergütung, Arbeitszeiten von Auszubildenden
verbindlich festgelegt werden. Mit diesen Defiziten auf dem Ausbildungsmarkt und
Regelungslücken begründen DIE LINKEN einen Antrag an den Deutschen Bundestag
zur notwendigen Novellierung des geltenden BBiG von 2005, das zur
Ausbildungsmisere beiträgt und dringend reformiert werden müsste. Darüber
hinaus stellen sie noch fest, dass ein Rechtsanspruch auf Ausbildung mit
mindestens dreijähriger Vollqualifizierung für alle jungen Menschen im
Grundgesetz fehlt sowie dass Bund und Länder gemeinsam Dauer und Umfang der
Berufsschulpflicht einheitlich gestalten müssten und zusätzliche Mittel für die
personelle und sächliche Ausstattung der Berufsschulen bereit stellen sollten (3).
Da die
Bundestagsfraktion der LINKEN zur Legislative gehört, an der Gesetzgebung
direkt beteiligt und insofern für die Novellierung des BBiG unmittelbar
zuständig ist, hat sie an ihre Bestandsaufnahme der Ausbildungsverhältnisse im
Antrag an den Bundestag konkrete Aufforderungen für die Bundesregierung
formuliert, dass diese zur Berufsbildungsreform 1. einen umfassenden Gesetzentwurf zur Novellierung
des BBiG, 2. einen Gesetzentwurf zur solidarischen
Umlagefinanzierung aller Betriebe, 3. einen Gesetzentwurf zum grundgesetzlich
verankerten Rechtsanspruch auf Ausbildung für alle jungen Menschen
vorlegen solle; 4. gemeinsam mit den Ländern
- zusätzliche
Mittel für die personelle und sächliche Ausstattung der Berufsschulen und
Hochschulen bereitstellen,
- verbindliche einheitliche
Standards zu Dauer und Umfang der Berufsschulpflicht erarbeiten und nach
Landesrecht in Kraft setzen,
- Regelungen für
alle Länder zur Lernmittelfreiheit und Kostenerstattung der Schülerbeförderung
für den Berufsschulbesuch vereinbaren solle.
Zur Erneuerung des
BBiG ist ein differenzierter 20-Punkte-Plan enthalten, der sich zum Teil gar
auf Änderungsvorschläge in einzelnen Paragrafen des bestehenden Gesetzes
richtet. Inhaltlich erstreckt sich der Vorschlag im Wesentlichen auf
einheitliche obligatorische Regelungen bzw. Präzisierungen für folgende
Sachbereiche: Mindestausbildungsvergütung, Berufsschulbesuch und -zeiten,
berufsschulische Leistungen im Kammerzeugnis, Rechtsanspruch auf Teilzeitausbildung,
gestufte Ausbildung als Aufstiegsmodell, Anrechnung von Ausbildungsteilen,
Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung, Beschwerdestellen bei den
Berufsbildungsausschüssen, Sicherung der Ausbildungsqualität (Aufnahme in
Berufsbildungsbericht), Ausbildereignung und Betreuungsschlüssel, überbetriebliche
Ausbildung, Einhaltung der wöchentlichen Arbeitszeit, Einbezug der Praxisphasen
dualer Studiengänge, Jugendarbeitsschutz auch für volljährige Auszubildende,
Sonderurlaub vor Abschlussprüfungen, Ankündigungsfrist bei Nichtübernahme,
ehrenamtliche Prüfer/-innen (4). Allerdings hat diese Gesetzesiniative nicht
zum Erfolg geführt, sondern wurde von den „Regierungsfraktionen“ CDU/CSU und
SPD abgeschmettert gemäß des Evaluierungsberichtes des BMBF, dass kein relevanter
oder akuter Modernisierungsbedarf für das „bewährte“ BBiG bestehe.
Zum Anderen sieht
die DGB-JUGEND das BBiG als wichtige
Grundlage ihrer Gewerkschaftsarbeit an, hat sich intensiv mit einer
Verbesserung der dualen Ausbildung auseinander gesetzt und sich für eine
Novellierung des BBiG seit 2015/16 engagiert. Dazu hat die Gewerkschaftsjugend eine
hervorragende Aufklärungsbroschüre erarbeitet: „Durchblick beim
Berufsbildungsgesetz – Die Novellierung des BBiG 2015/16 und die Forderungen
der Gewerkschaftsjugend“. Dort wird zuerst erläutert, was das BBiG ist sowie
was es regelt und offenlässt. Dann sind folgerichtig Forderungen der
Gewerkschaftsjugend zur Novellierung des BBiG als Positionspapier aufgeführt (5),
die im Wesentlichen mit den Erneuerungs- und Ergänzungsvorschlägen im
Fraktionsantrag der LINKEN korrespondieren.
Die Kernforderungen erstrecken sich u. a.
auf Änderungen für den Geltungsbereich, indem das BBiG alle Ausbildungsberufe,
auch solche mit eigenen Ausbildungsgesetzen oder nach Landesrecht, sowie
Praxisphasen in Studiengängen und sämtliche beruflichen Praktika umfassen soll.
Des weiteren soll soll eine gesetzliche Garantie auf einen hochwertigen
Ausbildungsplatz für alle in Deutschland lebenden jungen Menschen gewährleistet
werden mit Orientierung am Berufsprinzip, Stufenausbildung als Aufstiegsmodell,
Anlauf- und Beratungsstellen vor Ort, Steigerung der Ausbildungsangebote durch
Umlagefinanzierung. Ferner soll ein rechtlich verbindlicher Anspruch auf eine
kostenfreie Berufsausbildung festgeschrieben werden in Betrieben, beruflichen
Schulen, (Fach-)Hochschulen, außer- und überbetrieblichen Einrichtungen. Die
Ausbildungsqualität soll durch einen Unterausschuss bei den
Berufsbildungsausschüssen der Kammern gesichert werden, und zwar durch
regelmäßige Kontrollen der Ausbildungsbetriebe nach klar definierten Standards und
Kriterien für die Ausbildereignung und einen Betreuungsschlüssel 1: 8,
fachliche Ausstattung, Ausbildungsmaterialien in den Ausbildungsstätten
einschließlich schriftlicher Ausbildungsnachweise. Die Lernortkooperation soll
verbessert werden und Ausbildungsabbrüche reduzieren helfen. Die Vergütungen
sollen so bemessen sein, dass sie ein eigenständiges Leben der Auszubildenden
ermöglichen und bei Teilzeitausbildung voll gezahlt werden. Der
Ausbildungsträger soll alle Kosten für Ausbildungsmittel, Fachliteratur,
Dienstkleidungsstücke, Schutzausrüstung, Unterkunftskosten beim Blockunterricht,
Fahrtkosten vom Wohnort zu den Ausbildungsstätten und zur Berufsschule, etwaige
Schulgeldzahlungen übernehmen. Die Ausbildungszeiten sollen Überstunden und
Wochenendarbeit ausschließen, die Rückkehrpflicht in den Betrieb am
Berufsschultag ist abzuschaffen, vor der Abschlussprüfung sollen 5 Tage
Sonderurlaub gewährt werden. Die Ausbilder sollen zur Weiterqualifizierung
verpflichtet werden und die Ausgebildeten sollen gute Fortbildungsmöglichkeiten
mit Förderung (Meister-Bafög) bei anerkannten Anbietern sowie Chancen der
Weiterbeschäftigung erhalten (5).
Mit dieser
Positionierung hat sich die DGB-Jugend in die politische Diskussion um die
Evaluierung und Novellierung des BBiG eingebracht und Info-Veranstaltungen und
Aktionen initiiert wie die „Berufsschultour“ durch die Bundesrepublik und den
BBiG-Aktionstag der Gewerkschaftsjugend “Wir bleiben dran“ am 30.11.2016 vor
dem Bundesbildungsministerium in Berlin und will nach der Novellierungsabsage
durch Ministerin Wanka weitermachen (6). Desgleichen engagiert sich die IG-Metall-Jugend mit der Kampagne
„BBiG-Novelle: Duale Ausbildung nicht an die Wand fahren“ vom 24.11.2016 gegen
die Untätigkeit von Wanka in Bezug auf die Gesetzesreform und hat schon vorher
mit Bundestagsabgeordneten im ganzen Land darüber diskutiert sowie
Ausbildungsexperten der Parteien interviewt und zu einem „Parlamentarischen
Abend“ eingeladen, denn aufgrund des DGB-Ausbildungsreports liege ein „massiver
Handlungsbedarf“ vor (7). Man kann nur hoffen und wünschen, dass sowohl die
Gewerkschaftsjugend als auch DIE LINKE ihre sinnvollen Bemühungen zur
erforderlichen Novellierung des BBiGs unverzagt fortsetzen und Erfolg haben
mögen.
Literaturhinweise
(1)
Vgl.
Berufsbildungsgesetz (BBiG) vom 01.04.2005. ULR: http://www.gesetze-im-internet.de/bbig_2005;
(2) Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF), Berufliche Bildung – Das Berufsbildungsgesetz (BBiG). ULR:
https//www.bmbf.de/de/das-berufsbildungsgesetz-bbig-2617.html. Vgl.
Evaluierungsbericht vom 23.03.2016. ULR: files/2016-03-23_Evaluationsbericht_BBiG.pdf;
(3) Deutscher Bundestag, 18. Wahlperiode
– Drucksache 18/10281 vom 09.11.2016, Antrag der Fraktion DIE LINKE
„Berufsbildungsgesetz novellieren – Ausbildung verbessern“. ULR:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/102/1810281.pdf;
(4)
Ebd. S. 4, 5;
(5)
DGB-Bundesvorstand,
Abt. Jugend und Jugendpolitik (Hrsg.), Durchblick beim Berufsbildungsgesetz –
Die Novellierung des BBiG 2015/16 und die Forderungen der Gewerkschaftsjugend,
Berlin 2015. ULR: www.jugend.dgb.de/bbig. Vgl. Krautschat, B., Reform ist,
wenn’s besser wird: Unsere Forderungen für das BBiG. ULR: http://jugend.dgb.de/dgb_jugend/material/magazin-soli/soli-archiv.
(6)
Mit Video – Wir
bleiben dran: Der BBiG-Aktionstag der Gewerkschaftsjugend vom 12.12.2016. ULR:
http://jugend.dgb.de/meldungen/dgB-jugend/++co++24301262-b710. Download des
Videos unter: http://www.dgbmedia.de/jugend/BBiG_hi.mp4.
(7)
IGM-Jugend,
BBiG-Novelle: „Duale Ausbildung nicht an die Wand fahren“ vom 24.11.2016. ULR:
http://revolutionbildung.de/beitrag/bbig-novelle-duale-ausbildung-nicht-an-die-Wand-fahren-modern.bilden.htm.
Vgl. Eine gerechte Reform des Berufsbildungsgesetzes! Eine Kampagne der IG
Metall Jugend 2017. ULR: http://revolutionbildung.de/eine-gerechte-reform-des-bbig.html
(www.igmetall-jugend.de).
Bildungsgipfel
im Flachland: Mit Weitsicht Schule machen – didacta
2018 in Hannover Kommentar
vom 06.03.2018
In dreijährigem Rhythmus und im Wechsel mit Stuttgart und Düsseldorf
fand die „didacta“ – weltweit größte Bildungsmesse – vom 20.-24.02.2018
wieder auf dem Messegelände in Hannover statt. Die 840 Aussteller, davon 130
aus dem Ausland, präsentierten den mehr als 73000 Besuchern ihre neuen Konzepte
für alle Phasen und Stationen des lebenslangen Lernens in 3 großen
Ausstellungshallen. In 1400 Foren, Workshops, Vorträgen und Seminaren tauschten die Akteure
des Bildungssektors ihre Erfahrungen in offenem Dialog aus und zeugten von
der anhaltenden Aufbruchstimmung in der Bildungsbranche.
Dazu trug mit über
6000 teilnehmenden Gästen auch das erweiterte Rahmenprogramm im Convention Center bei, woran besonders das
Weiterbildungsangebot der Kita-Seminare
einen deutlichen Zuwachsanteil hatte. Eröffnet wurde die diesjährige didacta durch
eine Talkrunde zum Thema „Bildung im
Zeitalter der Beschleunigung“ mit dem Niedersächsischen Kultusminister Tonne,
dem Didacta-Verbandspräsidenten Fthenakis sowie dem Vorsitzenden des
Bildungsmedien-Verbandes Diepgrond. Ich besuchte z. B. eine Vortrags- und
Aussprache-Veranstaltung der GEW zur beruflichen
Bildung, in der es um Probleme der didaktischen Umsetzung einer neuartigen
Berufsbildung für die Industrie 4.0 in vernetzten Lernfabriken ging, wofür
allerdings noch die curricularen Konzepte entwickelt werden müssen. Einen
weiteren Schwerpunkt bildete die aktuelle Akademisierungsdebatte über hybride
Bildungsformate, duale Studiengänge, Verberuflichung der Hochschulen,
Umwandlung der Akademien zu Fachhochschulen und Zunahme privater Hochschulen,
Einlösung der Praxisorientierung einerseits sowie Integration der Beruflichkeit
in die Wissenschaft andererseits.
Im Convention Center
fand auch der Kongress des
Niedersächsischen Kultusministeriums „Multiprofessionelle Arbeit in der
inklusiven Schule“ statt, bei dem die multiprofessionellen Teams aus
Lehrkräften, sozial-pädagogischen, psychologischen, therapeutischen
Mitarbeitern im Mittelpunkt standen und aus schulischer, wissenschaftlicher, administrativer
Perspektive beleuchtet wurden. Zum Rahmenprogramm gehörten jedoch ebenfalls Preisverleihungen für besondere
Verdienste im Bildungsbereich: So wurden hervorragende Lehr- und Lernwerke für
Sprache, Gesellschaft, MINT in der Sekundarstufe I ausgezeichnet. Der „Deutsche
Kita-Preis“ wurde für beispielhaftes Engagement von Kitas und lokalen
Bündnissen für frühe Bildung verliehen. Hartmut Engler, Sänger der Band „Pur“,
sowie die „Kinderhilfsaktion Herzenssache e. V.“ wurden als
„Bildungsbotschafter 2018“ vom Präsidenten des Didacta-Verbandes Prof.
Fthenakis geehrt.
Nach dem Motto
„Bildung ist Zukunft“ kümmerte sich die Bildungsplattform
didacta 2018 um das Lernen und Lehren von heute und vorrangig von morgen
und präsentierte die wichtigsten Themen zur Erziehung, Bildung und
Qualifizierung, informierte über innovative Technologien sowie Trends der Bildungsmedien-Entwicklung.
Ein breites Programm der Veranstalter Deutsche Messe AG, Didacta-Verband,
Bildungsmedien-Verband richtete sich an Experten aus Politik, Wissenschaft,
Wirtschaft, Lehrkräfte, Erzieher, Ausbilder, jedoch ebenfalls an Schüler,
Eltern sowie die Öffentlichkeit überhaupt.
Als Konzept lebenslangen Lernens haben die
Organisatoren mit der didacta 2018 vier inhaltliche
Schwerpunkte gesetzt:
- Frühe bzw.
frühkindliche Bildung,
- Schule und
Hochschule,
- Berufliche
Bildung sowie Qualifizierung,
- Digitale Bildung
und digitales Lernen („didacta digital“). Dazu sollten die
rund 1400 Veranstaltungen, Foren, Workshops, Vorträge, Seminare, Mitmachangebote,
Thementage wie der Hochschultag sowie zahlreiche Kita-Aktionen den Adressaten einschlägige
Antworten geben auf grundlegende Fragen wie: Auf welche Weise lässt sich die
Entdeckerlust der Kinder zum Lernen für das Leben fördern? Welche technologischen
Errungenschaften sollen das Lernen im Klassenraum unterstützen und das Lehren
erleichtern? Mit welchen Programmen kann die berufliche Qualifizierung
optimiert werden? Wie lassen sich Integration gestalten und Inklusion
verwirklichen?
Die sechs Foren erstreckten sich auf die
Gebiete:
1. Forum Bildung:
Vertreter aus Ministerien, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden, Bildungspraxis
prognostizierten, erläuterten und bewerteten aktuelle und künftige
Entwicklungen der Bildung. Podiumsdiskussion: Digitale Schule – Wann wird sie
Wirklichkeit?
2. Forum Berufliche
Bildung: Anhand von Erfolgsmodellen aus Wirtschaft und Handel wurden neue Wege
für gelungene Einstiege ins Berufsleben aufgezeigt und veranschaulicht. Podiumsdiskussion:
Berufsbildung 2018 – Wo bleibt die E-Didaktik?
3.
Forum Unterrichtspraxis:
Für Lehrkräfte aller Schulformen wurden in Vorträgen unterrichtspraktische
Fragestellungen und curriculare Lösungsansätze vorgestellt und diskutiert. Vortrag:
Medienkompetenz ausbilden an niedersächsischen Studienseminaren; Dialogforum:
Unterrichtsqualität in der digitalen Welt;
4. Forum Qualifizierung: Hier wurden fünf Thementage für
Lehrer, Trainer, Berater, Coaches durchgeführt, z. B. Wissenserwerb 4.0 –
Chancen und Grenzen von digitaler Weietrbildung; 5. Forum didacta
Digital: Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung wurden von Experten
und Betroffenen der verschiedenen Bildungsbereiche erörtert. In Niedersachsen
ist das Fach Medienpädagogik bereits in die Lehramtsausbildung integriert und
bis 2020 soll Medienkompetenz in den Lehrplänen aller Fächer verankert sein.
6. Forum didacta
aktuell: Dort stellten sich Persönlichkeiten, Unternehmen, Stiftungen,
Initiaven vor, die sich für Bildung stark machen und besonders für Chancengleichheit
von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Podiumsgespräch: Wie kann die digitale
Bildungsrevolution gelingen?
In einer Sonderschau „Lernen zum Anfassen“
präsentierten die außerschulischen Lernorte im Didacta-Verband und ihre Partner
eine Vielzahl von Mitmachangeboten,
die in den Unterricht integriert werden können. Dazu wurden an vier Stationen
Workshops sowie Aktionen auf den Gebieten Natur, Technik, Gesellschaft,
Geschichte, Sport und Kultur angeboten.
In Anbetracht der in die Zukunft weisenden und im
Vordergrund stehenden Digitalisierung, innovativen Technologien und medialen Strategien
waren Anbieter der Kommunikations-Elektronik, Software-Lösungen,
Hardware-Technik wie Samsung, Epson, Google oder Conrad vertreten und es
herrschte beachtlicher Andrang beim Erproben und Anwenden des E-Lernings in
Mitmachaktionen, beim elektronischen gläsernen Klassenzimmer, mit webbasierten
Lernprogrammen. Auch die viel besuchten Schulbuch-Verlage,
größtenteils zu Gruppen der Bildungsmedien zusammengeschlossen wie Westermann,
Klett, Cornelsen, daneben Familienbetriebe wie der Merkur Verlag Rinteln tragen
dem technologischen Trend Rechnung, indem sie die klassischen Printmedien mit
darauf bezogenen und eigenständigen digitalen Lernmitteln, elektronischen
Begleitprogrammen und Übungssoftware unterstützen und ergänzen, was auch für
den Duden Verlag oder die Bundeszentrale für politische Bildung gilt. Schließlich
konnte man wie bei den didactas vorher konstatieren, dass etliche Besucher in voluminösen
Tragetaschen die meisten Informationen als Printerzeugnisse,
moderne Schulbücher aller Art für Lehrende und Lernende, Arbeitshefte,
Handbücher, Kataloge, Info-Broschüren, Prospekte u. a. nach Hause, in die
Schulen und Bildungstätten mitnahmen. Ein Lernen und Lehren mit Büchern,
nachhaltiges Lesen und Schreiben auf Papier sind durch die Bildschirme und
digitalen Medien letztlich als Kulturtechnik nicht ersetzbar, sondern sollten
durch die elektronische Entlastungstechnik sinnvoll ergänzt werden, was
immerhin unter den Bildungsverantwortlichen noch als Konsens erklärt wird. Vgl. www.didacta-hannover.de;
(Kommentar für die GEW im Bund 23.09.2017)
Aushängeschild
„Duales System der Berufsausbildung“
Die deutsche Berufsausbildung und vor
allem das duale System mit Betrieb und Berufsschule als Kernelemente erfreut
sich aufgrund ihrer Facharbeiter-Qualität und Gewährleistung relativ geringer
Jugendarbeitslosigkeit aktueller Beliebtheit besonders im Ausland: bei unseren
europäischen Nachbarn sowie gar in der weiten Welt. Und unsere Politiker
preisen unsere Berufsbildung als bildungspolitisches Erfolgsmodell und
Exportschlager an wie nicht zuletzt die Bundeskanzlerin auf ihrer USA-Reise
gegenüber Präsident Trump. Der gute Ruf wird auch für Wahlkampfzwecke benutzt
und über Schwächen und Gefahren wird allzu oft bagatellisierend hinweg
getäuscht. Der derzeitige Mangel an geeigneten Facharbeitern und
Auszubildenden, der unsere florierende Wirtschaft und befriedete Gesellschaft
bedroht, wird als Chance auf verfügbare Ausbildungsplätze und lockende
Beschäftigung-Möglichkeiten umgedeutet sowie mit dem anhaltenden
Akademisierungstrend als vereinbar, gar als notwendiger sozio-ökonomischer
Fortschritt, schließlich von den jungen Leuten und Eltern gewünschte
Ausbildungs-, Aufstiegs- und Zukunftsentwicklung proklamiert. Einige
zugespitzte Warnrufe von besorgten Insidern und Experten wie
„Akademisierungswahn“ oder „Berufsschulen auf dem Abstellgleis“ (vgl.
Nida-Rümelin2014; Blaß/Himmelrath 2016) werden offiziell weitgehend ignoriert
oder als Unkenrufe abgetan. Von den für das Berufsbildungswesen zuständigen
politischen Akteuren einschließlich Gewerkschaften sind in der Öffentlichkeit
lediglich Initiativen und Aktivitäten zu vernehmen, die darauf abzielen, die
Berufsschulen für die Arbeitswelt 0.4 zu stärken, jedoch keinen dringenden
Handlungsbedarf in einer defizitären Situation oder gar akuten Bedrohungslage
in der beruflichen Bildung signalisieren (vgl. DGB 2017). Ausnahme: Der
Präsident des BIBB Esser – zuständig für betriebliche Bildung – plädiert
folgerichtig für die nötige Aufbesserung der Berufsschulen.
Fortschrittliche
Berufsbildungspolitik der Gewerkschaften reanimieren
Bei der bildungspolitischen Restauration
in der Bundesrepublik nach dem 2. Weltkrieg spielten die Gewerkschaften, allen
voran DGB, IG Metall und GEW, insbesondere in der Berufsbildungspolitik eine
ausgesprochen progressive Rolle. Als Dachorganisation für die Mitgliedsgewerkschaften
trifft der DGB programmatische Aussagen für die gewerkschaftliche
Bildungspolitik und ist insofern auch für die Berufsbildungspolitik zuständig.
Bereits seit den 1950er Jahren setzte er sich massiv für die Berufsschule als
gleichberechtigter Partnerin der Betriebe im dualen System ein und entwickelte
im Laufe der Zeit ein umfassendes Berufsschulreformprogramm, das mit der
Berufsschule als Basis den Anschluss durchlässiger Schulformen mit
differenzierten Bildungsgängen bis zur Hochschulreife und den Aufbau
entsprechender regionaler Berufsschul-Kompetenzzentren für Aus- und
Weiterbildung vorsah. Vom ursprünglichen DGB-Ansatz, das berufliche
Bildungswesen in ein integriertes Gesamtschulsystem der Sek. II einzugliedern
und Chancengleichheit auf hohem Niveau zu schaffen, blieben zwar nur die
jeweils separate Unterstützung der allgemeinen Gesamtschule sowie der
Berufskollegs in NRW übrig. Aber der DGB setzte sich mit den
Mitgliedsgewerkschaften beharrlich für die Aufwertung der beruflichen Schulen
sowie den differenzierten Ausbau des berufsbezogenen Bildungsweges im Interesse
der Auszubildenden, Berufsschüler/-innen und Berufsschullehrer/-innen ein, auch
gegen Unternehmerintentionen.
Eine Wende dieser fortschrittlichen
berufsschulischen Bildungspolitik der Gewerkschaften bahnte sich im Zuge der
grundlegenden Neuordnung der Ausbildungsberufe ab Ende der 1970er Jahre an.
Infolge der diesbezüglichen erfolgsorientierten Zusammenarbeit der
Industriegewerkschaften mit den Unternehmerverbänden wandte sich die mächtige
IG-Metall zugunsten der vereinbarten Stufenausbildung mit der berufsfeldbreiten
Grundausbildung als Erste vom staatlichen Konzept der Berufsgrundbildung in
Schulen ab (BGJ, BFS, um den geburtenstarken Schülerjahrgängen angesichts der
fehlenden Ausbildungsplätze eine anschließende Berufsausbildung zu bieten). Auf
diese Linie schwenkten schließlich der DGB und die anderen Gewerkschaften ein,
was in den Jahren 2004 und 2005 einer bildungspolitischen Kehrtwende gleichkam,
indem der DGB zur überfälligen Reform des Berufsbildungsgesetzes sich mit einem
eigenen Gesetzesentwurf dem Kräfteverhältnis und den Positionen von rot-grüner
Bundesregierung, Arbeitgebern, IG Metall und den anderen
Mitgliedsgewerkschaften außer der GEW anpasste. Er akzeptierte die kompromisshaften
Minimallösungen im Berufsschulbereich, die bis heute das quasi in einer großen
Koalition verabschiedete BBiG von 2005 als reformbedürftig ausweisen und die
Berufsschule mit ihrer Lehrerschaft nicht als gleichberechtigte
Ausbildungspartnerin anerkennen. Indes wurde diese äußerst kompromissbereite
Gewerkschaftshaltung nicht mit der erhofften und durchaus allgemein
wünschenswerten Einführung der Ausbildungs-Umlagefinanzierung durch alle
Betriebe belohnt (vgl. Pukas 2009).
Was
vor allem die GEW als Bildungsgewerkschaft zur Verbesserung der
Berufsbildungsverhältnisse beitragen könnte
Die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes liegt in der Macht
der Politiker und Sozialpartner, sodass die GEW als Bildungsgewerkschaft sich
eher auf Aufklärung der Situation und geeignete Empfehlungen beschränken muss.
In diesem Sinne sollte sie jedoch die inzwischen zahlreich in der GEW
organisierten Berufsschullehrer/-innen unterstützen und für deren berechtigte
Reformanliegen eintreten sowie den politischen Akteuren, vorrangig dem DGB und
den Mitgliedsgewerkschaften, zur Verwirklichung antragen. Dazu kann man auch
heute noch und wieder auf die wegweisenden Vorschläge und Forderungen der
einstigen GEW-Berufsbildungsexpertin im Hauptvorstand Ursula Herdt zur
Neufassung des gültigen Berufsbildungsgesetzes von 2005 sowie zur Entwicklung
eines zeitgemäßen pluralen Berufsbildungssystems zurückgreifen. Und zwar sollte
ein künftiges BBiG hauptsächlich Folgendes als erstrebenswerte Verbesserung
enthalten und gewährleisten:
- eine Verankerung des Rechts auf Ausbildung für alle
jungen Menschen; - eine Veränderung der Entscheidungsstrukturen in der
Berufsausbildung durch Einschränkung der Kammern-Dominanz;
- eine Neujustierung der Lernorte mit Aufnahme der
beruflichen Schulen als gleichberechtigte Partnerinnen neben den Betrieben ins
Gesetz;
- Regelungen und Mindeststandards für den schulischen
Ausbildungsteil sowie eine institutionalisierte Abstimmung von
Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrplänen; - das volle Stimmrecht der Lehrkräfte in den
Berufsausbildungsausschüssen für alle Gebiete der Berufsausbildung; - eine Reform des Prüfungswesens sowie die verbindliche
Aufnahme der Berufsschulleistungen (Abschlussnoten) ins
Ausbildungs-Abschlusszeugnis; - umfassende und gerechte Ausbildungs-Finanzierungsbestimmungen;
- eine bundesgesetzliche Ordnung der beruflichen
Weiterbildung im BBiG (oder einem anderen Bundesgesetz) (vgl. Herdt 2005).
Darüber
hinaus plädierte Herdt zur Überwindung des faktisch ausgeuferten beruflichen
Mischsystems aus Angebotstypen und -segmenten für ein systematisch aufgebautes
plurales Berufsbildungssystem unter öffentlicher bzw. staatlicher Verantwortung
auf den Ebenen Bund, Länder, Regionen. Dafür sollten die vorherrschende duale
Ausbildung im Betrieb (beim Handwerk durch überbetriebliche Ausbildungsstätten
ergänzt) sowie die herkömmlichen schulischen Ausbildungsgänge und ebenfalls
neue Ausbildungsangebote im Ausbildungsverbund an unterschiedlichen Lernorten –
auch mit einem höheren Anteil von Berufsschulsegmenten – nach
Qualitätsstandards reformiert, wechselseitig anschlussfähig und für europäische
Vereinheitlichungen kompatibel gemacht werden, allerdings unter Wahrung des
Berufskonzepts (vgl. Herdt 2006). Diese längerfristigen Gestaltungsaufgaben der
beruflichen Bildung sollten nicht vernachlässigt, sondern als permanente
Verpflichtung wahrgenommen werden.
Zur
Lösung der akuten Problematik einer drohenden Akademikerschwemme und
gleichzeitiger Aushöhlung der dualen Ausbildung mit gefährlichem
Facharbeiterschwund sollte die GEW gleichfalls einen Beitrag leisten, indem sie
sich verstärkt an der Umsteuerung der Bewerberströme beteiligt. Dazu könnte sie
die Lehrer/-innen der allgemeinen und beruflichen Schulen mehr zusammen
bringen: sowohl durch Kooperation im gewerkschaftlichen Rahmen als auch durch
institutionalisierte Lehrerfort- und
Weiterbildung. Denn die verbreitete Unwissenheit und Desinformation über das
ziemlich komplizierte und unübersichtliche Berufsbildungssystem mit seinen
vielfältigen Bildungsgängen und Abschlüssen bei Eltern, Schüler(inne)n sowie
Lehrer(inne)n der allgemeinen Schulen, aber ebenfalls Wissensdefizite und
Fehlinformationen über die beruflichen Möglichkeiten und Aussichten
einschließlich Nachteile für Akademiker, Facharbeiter, Fachangestellte,
Handwerker, Meister, Techniker, Assistentenberufe u. a., gepaart mit
gesellschaftlichen Vorurteilen, sind der Hauptgrund für den ungebrochen großen
Run auf die Gymnasien und Hochschulen mit der Folge einer sozialen Schieflage,
die es zu mindern und abzuwenden gilt. Ein überzeugendes Argument in diesem
Zusammenhang, nämlich sich (zunächst) für einen Ausbildungsberuf zu
entscheiden, besteht schließlich in der Durchlässigkeit beruflicher
Bildungsgänge zum Hochschulstudium und möglichen späteren Aufstieg in
Akademikerberufe, wobei diese Absolventen mit ihrer weit reichenden
Qualifizierung bestens für die Zukunft gerüstet sind. So bietet sich dafür
beispielsweise der Weg über einen Ausbildungsberuf und Fachoberschule oder
vorzugsweise Berufsoberschule zur Hochschule an, wobei in der Berufsausbildung
erworbene Kompetenzen angerechnet werden können (vgl. Pukas 2015).
Literatur:
Blaß, K./Himmelrath, A. (2016): Berufsschulen auf dem
Abstellgleis, Bonn: BpB; DGB (2017): Gemeinsame Pressemitteilung
von KMK, BDA und DGB „Gemeinsam für starke Berufsschulen in der digitalen Welt“,
PM 047 – 30.05.2017. Unter: http://www.dgb.de/presse/...;
Herdt, U. (2005): GEW-Kommentar zur
BBIG-Novellierung. Erziehung&Wissenschaft (3), S. 26;
Herdt, U. (2004): Thesen zur Situation
und zu den Perspektiven der Berufsausbildung in Deutschland. Frankfurt/M.:
GEW-Hauptvorstand Berufliche Bildung und Weiterbildung;
Nida-Rümelin, J. (2004): Der Akademisierungswahn.
Zur Krise beruflicher und akademischer Bildung, Bonn: Bundeszentrale f. polit.
Bildung (BpB);
Pukas, D. (2015): Berufsoberschule. In:
J.-P. Pahl (Hrsg.), Lexikon Berufsbildung (S. 232-234), Bielefeld: Bertelsmann;
Pukas, D. (2009): Berufsschulpolitik und
politische Bildung in der Berufsschule, Hamburg: Dr. Kovac;
6. IdeenExpo 2017 in Hannover - Krönung der Erfolgsgeschichte für die MINT-Berufe
In Anknüpfung an meinen ausführlichen Kommentar von 2015
und Bezugnahme auf meine Kommentare seit 2011 zu den IdeenExpos in Hannover
kann ich angesichts der 6. IdeenExpo, die vom 10. – 18.06.2017 in bewährter
Form auf dem Messegelände in Hannover stattgefunden hat, befriedigt feststellen,
dass sie meine gehegten Erwartungen an eine erfolgreiche Fortführung voll erfüllt hat. Das gilt sowohl für die
angemessene Übernahme der geeigneten Elemente und Themenbereiche der vorangegangenen
Expo-Events als auch die sinnvolle Erweiterung des Bisherigen, was schließlich den steten Zuwachsraten an inzwischen über 350 000 Besuchern, 250 Ausstellern,
mehr als 600 Mitmach-Exponaten, 650 Workshops zugute kommt.
So erfreuten sich wieder Info-Stände, Vorträge, Wettbewerbe, Live-Experimente, Mitmach-Aktionen,
Probier-Veranstaltungen, Karriere-Bühne im Club Zukunft,
Produktions-Kosmos, Mobilitäts-Parcours, AgriFoodPark, Energiefeld,
Lebensraum-Areal, Media-Lab, Girls-MINT-Camp, Game-Square, in den Digitalen
Welten, Kreativ-Inseln, in der Life-Science-Area, Mobilitäts-Arena eines großen
Zuspruchs und Zustroms. Im neuen Bereich Meere & Ozeane konnte man eine Virtual
Reality Unterwasserreise in einem gigantischen Aquarium unternehmen und im Exzellenzcluster
„Rebirth“ der MHH die regenerative Medizin der Zukunft hautnah erleben. Das
Ganze umgab wiederum ein beliebtes Rahmenprogramm
mit spektakulären Publikumsspielen, Wissenschaftsshows zur Digitalisierung „Wissen
LIFE“ von bekannten TV-Moderatoren wie Ranga Yogeshwar sowie Open-Air-Konzerten
renommierter Künstler und Musikgruppen.
Der Themenbereich „Technik
und Mobilität“ übte wie stets eine
große Anziehungskraft aus und spielte im Angebot eine vielfältige Rolle: Neben
den stark frequentierten Fahrsimulationen in Auto, Flugzeug, Maschinen konnte
man diesmal noch seine Geschicklichkeit auf
dem Parcours mit E-Boards testen. Mehrere Hochschulen
warben für ihr praxisorientiertes Technik-Studium mit selbst konstruierten und
gebauten Rennwagen wie z. B. die Universität Magdeburg. Als hervorragender
Partner der Ideenexpo erwies sich wieder VW
mit seiner Auto-Uni, die sich
mit der virtuellen Darstellung von Logistik- und Produktionsabläufen
beschäftigt, sowie Projekten seiner Autostadt
zur Mobilität und Nachhaltigkeit. Zum Beispiel im Wettbewerb „Druck-Zuck“
konnten Besucher/-innen in Vierer-Teams einen Miniatur-Rennwagen in einem
Zeitrahmen von 90 Min. bauen, wobei sie als zentrales Bauteil ein Zahnrad am
Computer konstruierten und in 3D-Drucktechnik selbst herstellten. Die Präzision
der Arbeit bestimmte die Schnelligkeit der Fahrzeuge, die auf einer Rennstrecke
getestet wurde. Die Hochschule Hannover
führte wiederum vor, wie Studenten einen 3D-Drucker konstruierten, mit dem sich
Teile für Modell-Rennautos produzieren lassen. Die ZF Friedrichshafen AG, ebenfalls seit der 1. IdeenExpo dabei, bot
ca. 130 ihrer Auszubildenden und Dualstudierenden auf, um die interessierten
Besucher in ihre Ausbildungs- und Produktionswelt einzuführen. Highlight auf
dem Messestand war das Konzeptfahrzeug „Advanced Urban Vehicle“ mit innovativer
Vorder- und Hinterachse für die selbsttätige Ansteuerung engster Parklücken,
was man in einem Modellauto praktisch erkunden konnte. Außerdem konnten die
Besucher an halb automatischen Montagestationen Mini-Stoßdämpfer montieren, die
sie als Schlüsselanhänger mitnehmen durften. Oder sie konnten mit einem Mikrocontroller
selbst eine Platine programmieren und damit zu Hause weiter experimentieren.
Getreu dem Motto der
diesjährigen IdeenExpo „Mach doch
einfach“ und dem adäquaten fast Flächen
deckenden Angebot an Mitmach-Möglichkeiten herrschte in den Hallen nahezu
überall ein emsiges Schaffen und Werkeln. Auffallend viele Mädchen und junge
Frauen waren im Produktions-Kosmos eifrig
damit beschäftigt, geschickt zu hämmern, Bleche zu schweifen, Drähte und dünne
Rohre zu biegen, Metall- und Holzplatten zu sägen und zu bohren, Teile zusammenzupassen,
zu fügen, zu löten, auf dem Freigelände bei der Meyer Werft gar zu schweißen
und für sich dekorative Souvenirs herzustellen, die sie als Zeichen ihres handwerklichen Könnens stolz in ihrem
Umfeld präsentieren wollten. Bei der Salzgitter
AG wurden sie beispielsweise angeleitet, neben der üblichen Rose aus Stahl eine
Handy-Halterung aus Stahl zu bauen. Darüber hinaus konnten die Schüler/-innen
im Ziehversuch die Eigenschaften von Stahl kennenlernen und in einer „Miniatur-Industriewelt“
den Produktionsprozess vom Hochofen zum Walzwerk mitsamt Transporttechnik
verfolgen. Die M+E-Industrie – NiedersachsenMetall
gehört zu den Mitbegründern und aktivsten Förderern der IdeenExpo – im „TalentCamp“ den Gästen unter der fachkundigen
Anleitung ihrer Azubis das Bedienen und Herstellen von Werkstücken auf echten
Fertigungsmaschinen einschließlich realistischer Einblicke in die vernetzte
Arbeitswelt der „Industrie 4.0“. Nicht zuletzt wurde im Rahmen des Schwerpunktes
„Digitalisierung“ das Programmieren
in vielfältigen Zusammenhängen und Anwendungen probiert und geübt.
Diese ausschnitthaften Eindrücke verdeutlichen, dass sich das Interesse
an der IdeenExpo sowie an Naturwissenschaft und Technik bei den jungen Menschen
merklich erhöht hat und bestätigen, was der Niedersächsische Ministerpräsident
Weil in seiner Eröffnungsansprache verkündet hat: Die Zahl der Studierenden in
den MINT-Fächern sei in den vergangenen 10 Jahren um 80 % auf 15 000
Studenten/-innen in Niedersachsen gestiegen. Da inzwischen bei uns mehr Frauen
als Männer Abitur machen und studieren, ist es ein richtiger Ansatz, dass die
IdeenExpo gemeinsam mit der Niedersächsischen Staatskanzlei mit dem „GirlsMINTCamp“ im „ClubZukunft“ sowie
mit der Veranstaltung „Perspektiven in MINT-Berufen – Mädchen treffen weibliche
Führungskräfte“ die Frauen in Bezug auf die Männer-Domäne MINT besonders
fördert. So gab es geführte Scout-Touren nach dem Motto „Deine Tour – for girls
only“, während überhaupt viele Schulen bzw. Lehrer/-innen fachkundige Führungen
gebucht und absolviert haben. Letzteres lässt hoffen, dass die Ideenexpo im
Unterricht sinnvoll vertieft, vor- und nachbereitet wird.
Handlungsbedarf der GEW Niedersachsen: Novellierung des Berufsbildungsgesetzes und des Niedersächsischen Schulgesetzes anmahnen! (überarb. Kommentar vom 02.05.2017)
Zwar gibt es eine begrüßenswerte
Initiative der Berufsbildungsakteure DGB, BDA und KMK „Gemeinsam für starke
Berufsschulen in der digitalen Welt“ (vgl. DGB 2017), die durchaus ihre
Berechtigung für die Zukunftssicherung unseres Berufsausbildungssystem hat. Aber
deshalb sollte nicht übersehen oder davon abgelenkt werden, dass die
Berufsschule nach dem gültigen Berufsbildungsgesetz (BBiG) von 2005 aufgrund
der überlieferten Verhältnisse und Machtstrukturen keine gleichrangige Partnerin
neben den Betrieben ist und die Berufsschullehrer/-innen sowie
Berufsschüler/-innen benachteiligt sind. Im Zusammenhang mit der notwendigen
technologischen Innovation sollte man als grundlegende Gestaltungsaufgabe
anerkennen, die angemessene Rechtslage für die Berufsschule und anderen
beruflichen Ausbildungsschulformen als tragende Säule unseres Bildungswesens zu schaffen (vgl. Pukas 2009).
Für die wünschenswerte Novellierung des bestehenden
Berufsbildungsgesetzes könnte man sich immer noch an den umfassenden
Reformvorschlägen orientieren, die einst die GEW-Berufsbildungsexpertin
Ursula
Herdt zur BBiG-Neufassung und für ein plurales Berufsbildungssystem
konzipiert
hat (vgl. z. B. Herdt 2005). Doch daran haben die Politiker und
offensichtlich
ebenfalls die Sozialpartner gegenwärtig kein Interesse. Obwohl die Große
Koalition
von CDU/CSU und SPD in der letzten Legislaturperiode als einen
Schwerpunkt die
Evaluation des Berufsbildungsgesetzes vereinbart hatte, wurde im Rahmen
der
Überprüfung laut Evaluationsbericht vom 23.03.2016 als Ergebnis kein
Bedarf für
grundlegende oder systemische Änderungen im BBiG festgestellt
(Landsiedel 2017).
Eine Bestätigung dieser
berufsschulpolitischen Lage ergab sich auch auf dem Niedersächsischen
GEW-Berufsschultag „Berufsbildung 4.0“ am 07.03.2017 in Hannover, wo der
Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) Friedrich H.
Esser einen
fundamentalen Einführungsvortrag hielt und die maßgeblichen Themen und
Probleme
der digitalen Arbeitswelt und Berufsausbildung mit der Berufsschule im
Fokus bis
hin zur Finanzierungsbeteiligung des Bundes fachkompetent und
anschaulich
darstellte. Der ausgewiesene Experte, mit dem BIBB für die betriebliche
Aus-
und Weiterbildung zuständig, betonte vehement, was er bereits seit
Jahren tut,
wie wichtig und unverzichtbar die beruflichen Schulen und die
Berufsschullehrerschaft für unser funktionierendes Aus- und
Weiterbildungssystem sind, und zeigte in der Aussprache großes
Verständnis für
die Kritik der Kolleginnen und Kollegen an den vorhandenen Missständen
und
Rückständen im Schulalltag, die die Leistungsfähigkeit der Berufsschulen
in der
Gegenwart beeinträchtigen und in der Zukunft gefährden (vgl. Dokumentation 12. Berufsschultag unter: http://bbs.gew-nds.de/index.php/berufsschultage).
In diesem Zusammenhang war angebracht, angesichts
der niedersächsischen Landtagswahl – für die der CDU-Spitzenkandidat
Althusmann
mit einer populistischen Anti-Inklusions-(Verzögerungs-)Kampagne antrat,
obwohl
er sich schon als einstiger Kultusminister nach Inkrafttreten der
UN-Konvention
in Deutschland 2009 in der Pflicht befand, die inklusive Bildung zu
fördern – eine nötige Änderung des bestehenden Niedersächsischen
Schulgesetzes anzumahnen. Wie Cordula Mielke treffend und konkret
beschreibt,
hatte die CDU-FDP-Koalition die Schulverfassung im Hinblick auf die
Eigenverantwortliche Schule zur Stärkung des Schulleiters und
Ermächtigung des Schulvorstandes
umgebaut. Die vordem geltende Allzuständigkeit der Gesamtkonferenz für
die
demokratischen Schulstrukturen wurde drastisch eingeschränkt und hat zu
einem
Abbau der Rechte demokratischer und kollegialer Teilhabe geführt. Die
Verlagerung der Entscheidungsebene auf Schulvorstand und Schulleiter/-in
bewirkt und fördert des öfteren Intransparenz, Eigenmächtigkeit,
Überforderung,
was negative Auswirkungen auf das Engagement der Beschäftigten und das
Schulklima haben sowie die pädagogische Entwicklung der Schule hemmen
kann (Mielke
2016). Das gilt gleichermaßen für die beruflichen Schulen, denen zudem
verboten
worden ist, eine „kollegiale Schulleitung“ einzurichten, was früher
möglich
war. Hier sind neben der finanziellen Absicherung Konsequenzen zur
Demokratisierung
der Schulverfassung erforderlich, um die Attraktivität des Lehrer- und
insbesondere Berufsschullehrerberufs zu steigern und den
Lehrer/-innen-Mangel
nachhaltig zu beseitigen. Letzteres wollte Althusmann durch fragwürdige
Umschichtungen erreichen, denn das Schulgesetz kann ihm gefallen, so wie
es
ist, aber die rot-grüne Landesregierung und mittelbar die GEW haben hier
eine
Chance verpasst. Allerdings besteht die Aufgabe der
Schulgesetz-Novellierung nach
der Bildung der GoKo in Niedersachsen weiter, jedoch ihre Realisierung
erscheint unwahrscheinlicher und sollte fortan um so drastischer von
allen
Einsichtigen eingefordert werden. __________ DGB (2017I: Gemeinsame Pressemitteilung
von KMK, BDA und DGB „Gemeinsam für starke Berufsschulen in der
digitalen
Welt“, PM 047 – 30.05.2017. Unter: http://www.dgb.de/presse ... Im Anhang als PDF-Datei: „Gemeinsam für starke
Berufsschulen in der digitalen Welt“ – Erklärung von KMK, BDA und DGB/Beschluss
der KMK vom 04.05.2017;
Herdt, Ursula d(2005): Der Ball ist ins
Feld geworfen – GEW-Kommentar zur BBiG-Novellierung. In: E&W 3/2005, S. 26;
Landsiedel, Helmut (2017): Evaluation
des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) – kein Reformbedarf? In: Die berufsbildende
Schule (BbSch) 69 (2017) 5, S. 206;
Mielke, Cordula (2016): Klimawandel im
Lehrer*innenzimmer. In: E&WN 12/2016-01/2017, S. 32, 33; Pukas, Dietrich (2009):
Berufsschulpolitik und politische Bildung in der Berufsschule, Hamburg 2009;
Zur Förderung der MINT-Berufe - 5. IdeenExpo für Naturwissenschaft und Technik 2015 in Hannover (31.08.2015)
Über
350000 vornehmlich junge Menschen haben die 5. IdeenExpo für
Naturwissenschaft und Technik vom 04.-12.07.2015 auf dem Messegelände
und der Expo-Plaza in Hannover besucht. Auf der gewaltig erweiterten
Ausstellungsfläche von 120000 m² in Messehallen und Freigelände
waren rund 230 Aussteller, Unternehmen, Hochschulen, Schulen,
Verbände, Bundeswehr und andere Institutionen mit 650 Exponaten und
Workshops vertreten. Was ist von der Erfolgsgeschichte der IdeenExpo
zu halten? Bietet sie ihrem Ziel entsprechend einen wirksamen Ansatz,
um den anhaltenden Nachwuchsmangel in den MINT-Fächern zu
reduzieren?
Mathematik,
Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT-Fächer) stellen
gegenwärtig weiterhin die umsorgten Fachgebiete dar, die für die
Zukunft sehr wichtig sind, für die jedoch ein eklatanter
Nachwuchsmangel herrscht. Schon seit einiger Zeit interessieren sich
zu wenige junge Menschen für diese Fächer in der Schule und wählen
sie auch nicht für ihr Studium, sodass in diesen zukunftsträchtigen
Bereichen ein folgenschwerer Nachwuchsmangel droht. Bereits jetzt
fehlen etliche Facharbeiter und Ingenieure, für Deutschland schätzt
man einen Fehlbestand von 1,2 Mio. Fachkräften bis 2020. Vor allem
bei den Mädchen und Frauen standen und stehen die MINT-Fächer nicht
hoch im Kurs und der gesellschaftliche Wandel verdrängt hier nur
langsam die althergebrachten Gewohnheiten und Gepflogenheiten.
Deshalb war es auf der diesjährigen IdeenExpo wieder ein zentrales
Thema, Mädchen und junge Frauen für Naturwissenschaften und Technik
zu interessieren, wozu besonders das weibliche Geschlecht
herangezogen, also Expertinnen aus dem männerdominierten MINT-Gebiet
eingesetzt wurden.
So
hat sich die Idee wiederum bewährt, an die einstige Begeisterung für
die EXPO 2000 mit ihrem Motto „Mensch, Natur und Technik“
anzuknüpfen und auf dem hannoverschen Messe- und EXPO-Gelände eine
Ideenshow der Naturwissenschaften und Technik einzurichten. Aus der
Idee hat sich inzwischen Deutschlands spektakulärstes
Naturwissenschafts- und Technikevent entwickelt. Das Technikspektakel
im „größten Klassenzimmer Deutschlands“ lud zu zahlreichen
Workshops zum Mitmachen, Ausprobieren, Diskutieren ein und sollte
spielerisch das Interesse der Heranwachsenden für Technikthemen
wecken sowie den Firmen und Institutionen bei der Nachwuchssuche
helfen. Neben Info-Ständen, Vorträgen, Wettbewerben,
Live-Experimenten aus den Bereichen unseres Alltags, in denen
Naturwissenschaften und Technik zum Einsatz gelangen, gab es
Bühnenprogramme mit Publikumsspielen, Wissenschaftsshows mit
TV-Moderatoren wie Ranga Yogeshwar oder auch Open-Air-Konzerte
bekannter Musikgruppen und Künstler. Zu den Highlights zählten der
„Max Planck Science Tunnel“, der die Besucher die Technikwelt des
21. Jh. erleben ließ, oder die Aktion von VW, bei der Auszubildende
mit Messebesuchern einen kompletten Golf zusammenbauten.
Vom
Osteingang gelangte man zunächst auf die auf die ExpoPlaza, wo auf
dem Freigelände ADAC, VW und die AUTOSTADT Wolfsburg, Bundeswehr,
Continental AG, Hannover Airport, Polizeiinspektion, Hochschulen für
angewandte Wissenschaften u. a. die Besucher in motivierender
Aufmachung zum Thema „Mobilität“ mit interessanten Objekten,
Informationen, Mitmachaktionen empfingen. Über die Exponale mit
ihrer großen Freitreppe – hier befanden sich kulinarische Angebote
in Ständen und Pavillons – erreichte man die 3 IdeenHallen
(Messehallen 7, 8, 9), den Campus der Ideen im ConventionCenter sowie
den „Platz der Ideen“ mit großer Showbühne, FunArea und
zahlreichen Ausstellerständen, z. B. von VW, CLAAS, ExxonMobil, BA
für Fluguntersuchung, LA für Geoinformation und Landesvermessung,
Klimaschutz-Kochbus, M+E-Info-Truck, MEYER WERFT, MTU Maintenance,
Üstra-Verkehrsbetriebe, Gebäudereiniger-Innung,
Papierverarbeitungs-Verbände, NDR u. v. a. einschließlich
Nahrungsangeboten.
Während
sich in Halle 8 vor allem die MeetingPoints und Schulanmeldungen für
Scout-Touren befanden, bildeten die beiden Ideenhallen links und
rechts das Herzstück der Expo. In Halle 7 wurden präsentiert:
„Science Tunnel, E-Mobilitäts Park, Sinnes Parcours, SportFactory,
Recycling Werkstatt, KreativInsel, Smart Home, MediaLab, Interactive
Sky, BühneSieben“. Auf dem Ideenpfad konnte man jeweils vom
InfoPoint am Eingang aus das Dargebotene systematisch und konsequent
oder spontan und Interessen geleitet erkunden und gleichfalls die
Haupthalle 9 erschließen.
In
dieser Ideenhalle nahm den größten Platz der „ProduktionsKosmos“
ein, flankiert von der „LifeScienceArea“, „MobilitätsArena“
und dem „EnergieFeld“. Den großzügigen Eingangsbereich mit
InfoPoint umgab der „Lebensraum“ als vielfältiges
Ausstellungsangebot, „KarriereBühne“ und „ClubZukunft“
schlossen sich an. Mehrere „KreativInseln“ forderten zu Aktionen
heraus, eine „GreenLounge“ diente der Entspannung,
„LehrerLounge“, Pressestand und Restaurant komplettierten das
Ausstellungsgelände (moderne Ausdrucks- und Schreibweise zur
Animation).
Der „ClubZukunft“ diente als wichtiges Berufeforum und zentrale
Anlaufstelle zur Information über mögliche Berufswege,
Karrierechancen und Bewerbungsthemen. Großer Beliebtheit erfreuten
sich Wissenschaftsshows und Lifeexperimente vor allem mit
Fernsehmoderator Ranga Yogeshwar, sowie ein Mitmachstudio des NDR.
Viel Zulauf hatte ein Hochschulcamp für Schüler/-innen der
Sekundarstufe II. Es gab KinderUnis für 5. und 6. Klassen,
Familientage an beiden Sonntagen. Nicht z
uletzt
sorgten die Live-Konzerte auf mehreren Bühnen mit bekannten Sängern
und Bands für eine ansprechende Mischung aus Information,
Unterhaltung und Spaß.
Damit
die IdeenExpo wiederum ihrem Ruf als „größtem Klassenzimmer der
Welt“ mit Einblicken in die faszinierende Arbeitswelt von
Ingenieuren, Biologen, Physikern, Chemikern, IT-Experten und
verwandten Berufen gerecht werden konnte, hatten sich die ca. 230
Firmen, Institutionen und Verbände, die überwiegend die Kosten des
14 Mio. €-Etats aufbrachten, mächtig mit spektakulären und
innovativen Produkten, Arbeits- und Testverfahren ins Zeug gelegt und
viel einfallen lassen, um den Spieltrieb von Heranwachsenden zu
befriedigen. Das war vorrangig darauf angelegt, bei den jungen Leuten
den besonderen Kick auszulösen, der sie nachhaltig für
Naturwissenschaft und Technik begeistern sollte, sodass sie sich
diese als Gegenstand von Ausbildung und Beruf vorstellen können. Der
starke Andrang bei den Mitmachaktionen wies in diese Richtung, lange
Schlangen bildeten sich beispielsweise bei den Fahrsimulatoren (Auto,
Flugzeug, Maschinen), bei der eigenen Musikproduktion, beim Eigenbau
durch Löten, Hämmern, Gießen, Kleben, Biegen oder bei der
Herstellung von Erinnerungsfotos. Als erfolgreicher Ansatz erwies
sich, dass die beteiligten Unternehmen und Institutionen vor allem
ihre Auszubildenden und jungen Nachwuchskräfte und -talente
einsetzten und damit Interessierte und potenzielle Bewerber günstig
beeindrucken konnten. Außerdem gab es jede Menge praktische Tipps zu
Ausbildung, Praktikum, dualem Studium, Bewerbung, Job- und
Karrieremöglichkeiten durch Personalberater und Betriebsexperten.
Jedenfalls konnten Aussteller und Darbietende wieder überzeugt sein,
dass die Investitionen in die IdeenExpo lohnend angelegt sind und
dazu beitragen, das Nachwuchsproblem abzumildern. Das gute
Zusammenspiel von Schule, Wissenschaft und Wirtschaft zeigte sich
schließlich auch darin, dass auf dem „Campus der Ideen“ im
Convention Center wieder übergreifende Wettbewerbe ausgetragen
wurden: das „Science-Slam-Finale“ sowie die Präsentation der
Gewinner des bundesweiten „Ideenfang-Wettbewerbs“ von
Niedersachsenmetall.
Mein Fazit: Weiter so IdeenExpo – verbunden mit einem Aufbruch für
Verbesserungen! Denn trotz der großen Zahl unmittelbar Beteiligter
bei den Mitmachaktionen und in den Workshops waren nicht alle
Schüler/-innen (überwiegend aus der Sekundarstufe I) infolge der
Diskrepanz von Aktionsangebot und Teilnehmermasse sowie
Berührungsängsten direkt aktiv und engagiert. Und es waren wieder
nur einige Schüler/-innen auszumachen, die aufgrund von Erkundungs-
und Arbeitsaufträgen (ihrer Lehrer/-innen) tiefer in die Realität
von Naturwissenschaften und Technik eindrangen und gezielt und
zielstrebig die IdeenExpo für Unterricht und schulische
Nachbereitung nutzten. Für viele dürfte der Besuch der IdeenExpo
immer noch eher ein schulfreier Tag, ein Schulausflug, ein Spieletag,
eine Unterrichtsshow der lockeren Art (mit Gammelphasen auf der
E
xponale)
sein. Deshalb müsste eine didaktische Vorbereitung der Lehrer/-innen
und eine konsequente Unterrichts-Vorbereitung der Schüler/-innen auf
den Expo-Besuch erfolgen. Dazu sollte eine adäquate Lehrerfort- und
-weiterbildung stattfinden und die Politiker sollten nach der
Anschubinitiative nicht soviel den Unternehmen und Verbänden
überlassen. Lehrer/-innen mahnten weiterhin zurecht angesichts der
exponalen Shows und Unterrichtsmöglichkeiten eine bessere
Ausstattung der Schulen mit Fachräumen und Lehr-/Lernmitteln im
Bereich Naturwissenschaften und Technik an.
Der Ansturm auf Europas
spektakuläre Bildungsmesse „didacta“, die vom 24.-28.02.2015 auf dem
Messegelände in Hannover stattfand, ist weiter ungebrochen. Mehr als 80 000
Besucher und 750 Aussteller aus 35 Ländern bescherten wieder
eine der größten „didactas“ seit ihrer Gründung 2001. Es handelt sich um die
umfassende Informationsveranstaltung und aktuelle Verkaufsplattform zum
Erfahrungsaustausch für Lehrer, Erzieher, Ausbilder, Hochschuldozenten, Studenten,
Trainer, Personalentwickler, Lehr- und Lernmittelproduzenten, Bildungsverbände
und -politiker, Eltern. Jedoch auch spezialisierte Möbelhersteller,
Hygieneexperten, Nahrungsanbieter, Versicherungsfachleute,
Tierschutzorganisationen sind hier zunehmend vertreten. Welche Möglichkeiten
und Trends bieten die neuen Entwicklungen im Bildungswesen, welche Gefahren und
Probleme bestehen und wie soll man ihnen begegnen?
Um die ungeheuere Angebots-
und Informationsfülle zu bewältigen und für sich (als einzelner Tagesbesucher)
optimalen Erkenntnisgewinn von den Ausstellern mit ihren Experten, Medien und
Vorführungen sowie aus fast 1800 Vorträgen, Diskussionsrunden, Foren zu
verschaffen, bot es sich an, den eigenen Besuch mithilfe des bewährten „didacta“-Portals im Internet gezielt
vorzubereiten. Dort erhielt man einen Überblick über die in 5 Hallen
präsentierten Hauptbereiche Kitas,
Schulen, Hochschulen, neue Technologien, Institutionen sowie Ministerien und konnte sich mittels Suchwerkzeugen und elektronischem Merkzettel sein
persönliches „didacta“-Profil anlegen.
Neben 15 Sonderschauen
gab es 6 Foren, und zwar zu den Themengebieten: didacta aktuell,
eLearning, Bildung, Unterrichtspraxis, Berufliche Bildung, Qualifizierung. Im Forum
„didacta aktuell“ ging es z. B. um optimales Schulmanagement; gute
Ganztagsschulen; gewaltfreies Lernen; frühkindliche Bildung; Inklusion im
Bildungssystem (einschließlich der Sonderschau „Ganztagsschule-Inklusive
Bildung-Berufsorientierung“); Vielfalt und Bildungsgerechtigkeit; Trends und
Technologien digitaler Bildung; Lehrerbildung und Stärkung der Medienkompetenz;
lebenslanges Lernen in der lernenden Stadt der Zukunft; Design für besseres
Lernen in flexiblen, multifunktionalen Lernumgebungen; Schulkooperationen und
Lernallianzen in Schulregionen.
Daran
schloss sich das Forum „Bildung“ mit seinen übergreifenden Themen an:
Zukunftsoffensive Bildung; digitale Bildung für jedermann und Sonderschauen wie
„Lernen zum Anfassen“ (außerschulisches Lernen), „creative lerning spaces“ oder
„Impulsforum“; Lehrerleistung und bildungspolitische Überforderung;
Professionalisierung durch Praxisphasen im Lehramtsstudium; demografischer Wandel
und schmale Bildungsbudgets; multikulturelle Veränderungen in der Klasse;
Generation „Social Media“ – Digitale Kommunikation der Jugendlichen in der
Schule; professionelle Bildungsmedien in der Schule 2030; Qualität und
Feedbackkultur in der Schule; Schulautonomie: Gängelung statt pädagogischer
Freiheit? Unterstützungsprogramm zur Förderung der Lehrergesundheit u. a.
Niedersächsische Verhältnisse kamen schwerpunktmäßig zur Sprache, da viele
Vertreter aus dem Veranstaltungsland beteiligt waren.
Demgegenüber
umfasste das Forum „Unterrichtspraxis“ konkretere Fragen, Ratschläge,
Maßnahmen zum Sprachförderunterricht; zur experimentellen Physik; zu Unterrichtsarrangements
in Mathematik; für Heterogenität und Differenzierung als didaktisch-methodische
Herausforderung; Stressabbau nach neurowissenschaftlichen Erkenntnissen mit
praktischen Übungen und Tipps; Zeit- und Selbstmanagement von Lehrenden;
Elternarbeit mit schwer Erreichbaren, Arbeiten mit interaktivem
Whiteboard/digitaler Tafel, mobiles Lernen mit Tablet-Computern (Sonderschau:
Gläsernes digitales Klassenzimmer). Aber auch Probleme wie Sexting und
Cybermobbing im Sozialraum Schule; Fortschritt durch Schulnetzwerke; Lernoptimierung
durch Medienkompetenz; Professionalisierung des Lehrerhandelns und der eigenen
Unterrichtsarbeit; komplexe Kompetenzaufgaben im Fremdsprachenunterricht;
Bewältigung von Regelverstößen und Grenzverletzungen durch die Schüler/-innen gehörten
zum Veranstaltungsprogramm.
Der schon
länger etablierte Marktplatz „Beruf ist Zukunft“ (Foren Berufliche
Bildung bzw. Ausbildung und Qualifikation) bot einerseits Vorträge, Podien,
Fachgespräche für Ausbilder/-innen und Lehrkräfte an beruflichen Schulen und erstreckte
sich beispielsweise auf Inklusion in der beruflichen Bildung; Burnout-Symptome
im Ausbildungs- und Berufsschulalltag; Lernen am Arbeitsplatz; Chancen eigenverantwortlicher
beruflicher Schulen; Berufsbildung ohne Grenzen; Lernen mit
Live-online-Seminaren (Webseminaren); Lernspiele im Unterricht;
Ausbilderqualifizierung und webgestützte Lernmedien; Datenschutz und
IT-Sicherheit in der Ausbildung; Best-Practise E-Learning-Projekte. Außerdem
präsentierte die UNESCO-Arbeitsgruppe „Berufliche Aus- und Weiterbildung“ der
UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ihre Strategie „Vom Projekt zur
Struktur“.
Als Dauerbrenner wurde die Sonderschau „MINT Zukunft schaffen“
dargeboten, diesmal mit besonderem Bezug zu moderner landwirtschaftlicher Vernetzungstechnik.
Zur Faszination über die duale Berufsausbildung wurden auf der „didacta“ Berufswettbewerbe
ausgetragen. Und zwar fand hier der Bundeswettbewerb der Nachwuchskräfte in den
Disziplinen „Mechatronik“ und „Mobile Robotik“ statt. Auszubildende, Studenten
und junge Fachkräfte in einer beruflichen Weiterbildung bauten nach bestimmten Kriterien
ein Miniatur-Transport-Logistik-System auf oder montierten und programmierten
einen Roboter für vorgegebene Aufgaben.
So erwies sich die „didacta“ als vielfältige
pädagogische Weiterbildungs-Veranstaltung, die sich offen und sinnvoll mit
akuten Brennpunkten des gegenwärtigen Bildungsgeschehens auseinandersetzte, was
einschloss, dass sich die gegenwärtige niedersächsische Landesregierung mit der „Rückkehr zu G 9 als Chance für ein neues Gymnasium“
sowie mit Schulprojekten zur Inklusion in der Region Hannover in Szene setzte. Prof.
Fthenakis, Präsident des „didacta-Verbandes“ der Bildungswirtschaft, trat
wieder als Mahner auf, um im reformbedürftigen Deutschland bessere
Bildungschancen gerade für Kinder zu fordern. Denn andere Länder sind uns darin
voraus, ihr Bildungswesen auf die Stärkung kindlicher Entwicklung zu
fokussieren und besonders die Kompetenzen der Kinder für eine Vorbereitung auf
die sich wandelnde und verändernde Welt zu fördern. Abgesehen davon, dass
hierzulande überhaupt zu wenig in die Bildung der Bürger investiert wird,
herrscht die Erwachsenen-Perspektive vor. Anstatt die chronisch
unterfinanzierte frühkindliche Bildung wirksam auszubauen, versucht man
ineffizient Versäumtes später auszugleichen. Dazu trage auch die föderale
Bildungsverantwortung bei; Bund, Länder und Gemeinden müssten sich besser
abstimmen und bereits im Vorschulalter eine hohe Bildungsqualität für die Kinder
und die Anschlussfähigkeit ans Bildungssystem sichern. Zwar ist die „didacta“
grundsätzlich auf das lebenslange Lernen ausgerichtet, aber sie widmete sich
wie im letzten Jahr verstärkt der frühkindlichen Entwicklung und inklusiven
Bildung und setzte Schwerpunkte bei außerschulischem Lernen von Kindern,
Aktionen in Kindertagesstätten, Spiel und Bewegung, Schulverpflegung und
gesunde Ernährung.
Neben den
Tagungen im Convention Center waren die Vortrags- und Diskussionsrunden mitten
in den fünf großen Ausstellungshallen angesiedelt und wurden gut besucht, jedoch
erreichten sie längst nicht alle Teilnehmer. Diese drängelten sich massenhaft
bei den Schulbuchverlagen mit den klassischen Printmedien und den darauf
bezogenen oder eigenständigen digitalen Lernmitteln, die immer noch die
Hauptsache der „didacta“ bilden. Die modernen Lernspiele, Schul- und
Lernbücher, optisch anspruchsvoll und anregend gestaltet, ansprechend bebildert,
mit durchweg bunten Grafiken und Abbildungen anschaulich aufgemacht, haben es
den Lehrpersonen in erster Linie angetan. Zusammen mit Schülerarbeitsheften,
Lehrerhandbüchern sowie digitalen Begleitprogrammen, elektronischer
Übungssoftware und Lösungsstrategien oder interaktiven Tafelbildern stellen sie
weiterhin die bevorzugten Lehr- und Arbeitsmittel dar, die die Lehrer/-innen erkundeten
und die Informationen darüber massenweise nach Hause trugen und in die Schulen
mitnahmen. Drangvolle Enge herrschte außerdem im gläsernen digitalen
Klassenzimmer des Veranstalters „n-21 – Schulen in Niedersachsen online e. V.“,
wo die Pädagoginnen und Pädagogen neugierig und horizonterweiternd wie eine
Schulklasse mit iPads in die elektronische Lernwelt ein- und abtauchen konnten –
angesichts der vielen Besucher kam allerdings nur eine kleine Minderheit zum
Zuge. Die Mehrheit der Lehrer/-innen hätte es sich wohl kaum zugetraut, weil
sie sich mit eBooks, Apps und Tablet-PCs, Smartboards, Smartphones,
interaktiven Whiteboards, digitalen Stiften und anderen neuen elektronischen
Lernhilfen im Cyber-Klassenzimmer zu wenig auskennt. Insofern hätte das Forum
eLearning in Halle 23, wo webbasierte Lernprogramme für ein direktes,
flexibles, effektives Lernen von Kindern und Erwachsenen mit dem Internet vorgeführt
wurden, noch stärker frequentiert sein können.
Nicht zuletzt ist diese Bildungsmesse ein mächtiger
Geschäftsbetrieb und verfolgt mit den technischen Innovationen das Tätigen von
enormen Umsätzen im Bildungsbereich. Doch sind sich Medienentwickler und
-anbieter sowie Erziehungswissenschaftler und Pädagogen weitgehend einig, dass
digitale Medien zwar kein Ersatz für das Buch, aber eine Bereicherung sind –
bereits für unter Zehnjährige. Zudem böten die Multimedia-Angebote die Chance,
Bildungsverlierer wie Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Familien
eher zu erreichen. Insofern sollten Schulen und vorschulische Einrichtungen dem
multimedialen Fortschritt im Bildungswesen nicht allzu sehr hinterherhinken.
Politiker in Bund, Ländern und Kommunen, Schulträger und Bildungsexperten
müssen für eine angemessene mediale Ausstattung der Bildungseinrichtungen mit
den technischen Errungenschaften
sorgen und eine dem gemäße Ausbildung, Fort- und Weiterbildung der Erzieher-
und Lehrerschaft sicher stellen. Dazu gehört neben den Fertigkeiten der sachgerechten
Handhabung und des didaktisch-methodischen Einsatzes ebenfalls die Vermittlung
einer kritischen Medienkompetenz, Aufklärung über die Gefahren des Internets,
über soziale Netzwerke wie SchülerVZ und Facebook sowie Präventionsstrategien
gegen das Cyber-Mobbing , Entwicklung von Projekten wie den
„Computer-Führerschein“ (für Dritt- und Viertklässlern in den Grundschulen).
Die Schulen brauchen also Computerspezialisten und kritische Medienpädagogen,
überhaupt mehr Lehrer/-innen für kleine Klassen (20 statt 32 Schüler) und Zeit
für persönliche Gespräche und eine schulinterne Lehrerfortbildung. In diesem
Sinne sollte auf der „didacta“ den Sonntagsreden der Politiker z. B. entgegen gehalten
werden, wie kontraproduktiv es ist, dass in Niedersachsen das Landesinstitut
für Lehrerfort-, Weiterbildung und Unterrichtsforschung (NLI) sowie die
Landeszentrale für politische Bildung aufgelöst wurden und nur noch
Restfunktionen im Nds. Landesinstitut für Qualitätsentwicklung (NLQ) wahrnehmen
können.
Bildungsgesellschaft paradox – Zur prekären Situation der Weiterbildung (26.11.2011, akt. 11.07.2012)
Die Bildungsgipfel der Kanzlerin mit den großmäuligen Absichtserklärungen sollen vom Bildungsflicken-teppich zur Bildungsgesellschaft führen. Da jedoch keine Taten folgen, zumal die begrenzten bildungs-politischen Kompetenzen des Bundes durch die Föderalismusreform ausgehöhlt wurden, besteht die desolate Lage der Bildung in Deutschland weiter. Indes sind dafür letztlich alle Parteien und Amtsträger verantwortlich, die bislang am Regieren beteiligt waren, denn sie haben allesamt jeweils zu wenig für die beschworenen Verbesserungen des Bildungs-wesens getan.
Bei der Bildungsmisere denkt man meist zuerst an das Schulwesen: an marode Schulgebäude, veraltete Lern- und Lehrmittel, viel zu große Klassen, unmotivierte, gestresste Schüler/-innen, gewalttätige Auseinandersetzungen, Mobbing, ausgebrannte Lehrer/-innen oder an überfüllte Hochschulen, ungerechte Studiengebühren, misslungene Studienreformen, protestierende und demonstrierende Studierende sowie andere negative Erscheinungsformen. Hier soll allerdings auf skandalöse Verhältnisse in einem anderen Bildungsbereich eingegangen werden, der der größte, aber arg geschunden ist: die Weiterbildung.
Neben der betrieblichen Weiterbildung, die vorwiegend als berufsspezifische Anpassungsfortbildung, z. T. als Aufstiegsfortbildung angelegt ist, arbeiten in der Weiterbildungsbranche über 600 000 Menschen, und zwar in ca. 1,3 Mio. Arbeitsverhältnissen, also etliche in mehreren Jobs. Das Schlimme daran ist, dass es sich dabei hauptsächlich um prekäre Beschäftigungsverhältnisse handelt, denen die Weiterbildungsakteure an den fast 1000 Volkshochschulen sowie bei den gemeinnützigen Trägern ausgesetzt sind. Die meisten Weiterbildungs-Lehrkräfte müssen ihr Dasein als unfreiwillig Selbstständige fristen und ihren Lebensunterhalt mit geringer Bezahlung, zeitlich befristeten Arbeitsverträgen, ohne soziale Absicherung verdienen, obwohl sie in der Regel höher qualifiziert sind, und zwar als fortgebildete Fachkräfte und Akademiker/-innen, vor allem Pädagogen, Sozial- und Kulturwissenschaftler. Gerade in der öffentlich finanzierten Weiterbildung ist die Not am größten, insofern sich die Weiterbildner/-innen aufgrund der von der Bundesagentur für Arbeit (BA) geförderten Maßnahmen oder ebenfalls der Integrationskurse, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eingeführt hat, zuhauf in ungesicherten, unbeständigen Erwerbs- und Lebensver-hältnissen befinden, die ihre Lebensqualität beeinträchtigen und die Gründung einer eigenen Familie infrage stellen, wenn nicht verhindern. Das gilt zum großen Teil selbst für die Beschäftigten der Volkshochschulen. Nach einer GEW-Dokumentation (Erziehung und Wissenschaft 9/2011, S. 11) waren 2009 an den 940 deutschen Volkshochschulen 7 800 hauptamtliche und 193 000 neben- bzw. freiberufliche Kräfte tätig, indes hatte die Hälfte der Festangestellten nur befristete Verträge. Bundesweit boten die VHSn rund 7 000 Veranstaltungen an und erreichten damit über 9 Mio. Menschen, wobei sich die Kosten mit 39 % auf die Teilnehmer, 41 % auf Kommunen und Länder, 20 % auf BA, ESF (Europäischer Sozialfonds), Bundesmittel verteilten (vgl. www.destatis.de/kontakt).
Ähnlich den prekären Arbeitsverhältnissen im akademischen Unter- und Mittelbau der Hochschulen, der dort die Hauptlast trägt, leisten die schlecht bezahlten, auf Zeit beschäftigten VHS-Dozentinnen und Dozenten sowie freiberuflichen Weiterbild-ner/-innen (besonders als Honorarkräfte) neben beruflicher Fortbildung Enormes für gesellschaftlich-politisches und kulturelles Lernen. Zur Teilhabe am Gemeinwesen und an der demokratischen Gesellschaft sind mündige, fortbildungswillige Bürger/-innen einschließlich der Migranten Voraussetzung, die über eine aktuelle berufliche Qualifizierung hinaus ein allgemein technisches Grundverständnis für die Errungenschaften des modernen Lebens haben, gesellschaftspolitisch, ökonomisch und ökologisch über die vernetzte Wissensgesellschaft und globalisierte Welt aufgeklärt sind, über angemessene sprachliche und fremdsprachliche Grund-fertigkeiten und kommunikative Fähigkeiten verfügen, eine kulturelle Grundbildung besitzen und zur Gesunderhaltung von Körper und Geist vorgebildet und motiviert sind. Das sind wichtige grundlegende Aufgaben, zu denen der Weiterbildungs-bereich wie auch zu einer entsprechenden Beratung entscheidend beizutragen hat, um allen den Zugang zum proklamierten lebenslangen Lernen zu ermöglichen. Deshalb fordert hier die GEW wie für die anderen Bildungsbereiche eindeutige Rechtsansprüche unter öffentlicher Verantwortung, bundesweit gültige Regelungen der Arbeitsbedingungen und eine verlässliche hinreichende Finanzierung. Stephanie Odenwald, Leiterin des GEW-Organisationsbereichs Berufliche Bildung und Weiterbildung, verlangt als ersten Schritt die Einführung eines Mindestlohns als untere Grenze gegen Lohndumping in der Weiterbildungs-branche, damit die Weiterbildner/-innen infolge der Marktsteuerung nicht weiter als billige Tagelöhner ausgenutzt werden. Und sie warnt vor einem „drohenden Flächenbrand in der Weiterbildung“ angesichts des unsozialen Sparpakets der schwarz-gelben Regierungskoalition, wonach fast 40 % der Haushaltskürzungen die Arbeitsmarktpolitik betreffen, und zwar zulasten der Qualifizierungs-, Umschulungs- und Weiterbildungsangebote für Arbeitslose und Bildungsbenach-teiligte (EuW 9/2011, S. 20).
Das ist „Bildungspolitik paradox“ gegenüber dem von der Kanzlerin verkündeten Aufbruch in die Bildungsgesellschaft. Es sei denn, das Heil der Bildungsgesellschaft wird nur in der Elite-Förderung gesehen. Immerhin gibt es nun eine hoffnungsvolle Nachricht, um dem Dumping-Wettlauf im Weiterbildungsbereich durch die Einführung eines Mindestlohnes ein Ende zu setzen. Das Bundeskabinett hat gerade einem Verordnungsentwurf der Bundesarbeitsministerin zugestimmt, der auf Antrag der Gewerkschaften ver.di und GEW sowie des Bundesverbandes der Träger beruflicher Bildung zustande gekommen ist und ab 01.08.2012 einen allgemein verbindlichen Mindestlohntarifvertrag in der Weiterbildungsbranche mit 12,60 € in Westdeutschland und 11,25 € in Ostdeutschland bei einer Laufzeit bis 30.06.2013 vorsieht (Pressemitteilungen der GEW vom 04.07.2012 und ver.di vom 05.07.2012). Aktuelle Literatur: "Prekäre Arbeitsbedingungen in Hochschule und Weiterbildung". In: Erziehung und Wissenschaft (E&W), Heft 04/2020 der GEW (www.gew.de); Dieser Kommentar auch unter: http://m.vorwaerts.de/blogs/bildungsgesellschaft-paradox-zur-prekaeren-situation-der-weiterbildung; http://blog.vorwaerts.de/blogs/bildungsgesellschaft-paradox-zur-prekaeren-situation-der-weiterbildung
Durch die bundesweiten Studenten- und Schülerproteste wurde es publik: Die Reform der Studiengänge und Hochschulabschlüsse zur Herstellung eines gemeinsamen Hochschulraumes in der EU bis 2010 (Bologna-Prozess) hat in Deutschland das Ziel von mehr Mobilität und Durchlässigkeit noch zu wenig erreicht, sondern z. T. zu schwierigen oder gar unerträglichen Studienbedingungen geführt. Konsequenzen zur Änderung der unzureichenden Verhältnisse durch Politiker und Hochschulrepräsentanten sind daher unerlässlich.
Missstände und Verantwortlichkeiten
Die Fehlentwicklung des Studienreformprozesses mit der Einführung der Bachelor-Master-Struktur (BA-MA-Studiengänge) in der Bundesrepublik beruht konkret auf unzweckmäßiger Umsetzung der EU-Vorgaben in den Hochschulen. Allerdings trifft daran die verantwortlichen Politiker eine erhebliche Schuld, insofern sie die Bildungspolitik allzu harten ökonomischen Rahmenbedingungen unterwerfen und mit der Studienreform zur Anpassung an die Bildungssysteme unserer europäischen Nachbarn Einsparungsmaßnahmen verfolgen. Denn der Bachelor als erster berufsqualifizierender Abschluss stellt nach den politischen Erwartungen den Regelabschluss eines vergleichsweise preiswerten 6- bis 7-semestrigen Hochschulstudiums dar, wie es bislang für unsere Fachhochschulen (FHs) typisch ist. Dies soll nun auf Kosten der bisherigen vollakademischen Ausbildung in mindestens 8-semestrigen Diplom-, Magister- und Lehramtsstudiengängen ausgeweitet werden, indem die Fortsetzung der Bachelorausbildung in Masterstudiengängen für viele stark reglementiert und eingeschränkt, z. B. von Prädikatsnoten abhängig gemacht wird. Eine grundlegende Absenkung des akademischen Ausbildungsniveaus in Deutschland soll offenbar in Kauf genommen werden, zumal die BA-Abschlüsse laufbahnrechtlich dem gehobenen Staatsdienst zugeordnet werden und die höhere Besoldung versperren. Ein besonderer Brennpunkt in diesem Zusammenhang ist die angemessene wissenschaftliche Ausbildung der Lehrer/-innen.
Die herkömmlichen FH-Studiengänge passen formal und inhaltlich , besonders vom Zeitumfang am ehesten zur BA-Struktur, sodass die Reform hier vorrangig mit organisatorischen Veränderungen vollzogen wird, während das Reformziel der vertieften wissenschaftlichen Grundlegung der anwendungs- und berufsfeldbezogenen Qualifikationsvermittlung noch Defizite aufweist. Die politischen Rahmenverhältnisse mit der angestrebten Beschränkung der MA-Studiengänge und -abschlüsse brachte vor allem die Universitäten und gleichgestellten Hochschulen bei der Gestaltung der BA-Studiengänge in Bedrängnis. Mit der Berufsschneidung der tradierten vollakademischen Diplom- und Magister- sowie vergleichbaren Ausbildungen zu verkürzten BA-Profilen und beruflicher Erstqualifizierung hatte man keine Erfahrung und die Abnahmechancen in Wirtschaft und Verwaltung waren offen. So wurden möglichst viele Inhalte der bisherigen Studiengänge mit 8 Semestern Mindestdauer in das meist 6-semestrige BA-Studium gepresst. Zur Bewältigung der Stofffülle und zum Nachweis der mindestens 180 Leistungspunkte (ECTS) wurde das BA-Studium in abprüfbare Bausteine oder Units zerlegt. Kleinschrittige Wissensaneignung, Leistungsdruck, Technokratisierung statt ganzheitlicher Orientierung prägen diese verdichteten BA-Studiengänge, die auch zu wenig Raum für intensive Praxisphasen oder Auslandsstudien lassen und etliche Studierende überfordern.
Entspannung durch konsekutives Bachelor-Master-Studium
Als Reaktion auf die Studentenproteste beschlossen Kultusministerkonferenz (KMK) und Hochschulrektorenkonferenz (HRK), sich gemeinsam für eine Verbesserung des Studiums in gestuften BA-MA-Studiengängen einzusetzen und forderten u. a. die Arbeitsanforderungen der Studierenden zu überprüfen, die Prüfungsbelastungen zu reduzieren, die ländergemeinsamen Strukturvorgaben zu flexibilisieren, die Master-Zugänge zu erweitern, die Transparenz des konsekutiven Studiensystems zu erhöhen, eine breite wissenschaftliche Qualifizierung zu sichern, individuelle Studienverläufe durch integrierte Mobilitätsfenster zu ermöglichen, Kompetenzprofile auszuweisen, die Studierbarkeit in Akkreditierungsverfahren zu prüfen.
Vor allem sollten die Hochschulen die Zeitspielräume zur Gestaltung der gestuften Bildungsgänge sinnvoll nutzen, indem die Gesamtregelstudienzeit für ein Vollzeitstudium in konsekutiven Studiengängen von 5 Jahren oder 10 Semestern mit insgesamt 300 ECTS zur Differenzierung der Bachelor-Studiengänge mit 6, 7 oder 8 Semestern und der Master-Studiengänge mit 4, 3 oder 2 Semestern je nach beruflichem Anspruchsprofil verwendet wird. Allerdings ist darauf höchster Wert zu legen, dass angesichts der Modularisierung und Zerlegung in Units das Berufsprinzip gewahrt wird. Das heißt, eine berufliche Gesamtqualifikation und die Ganzheitlichkeit von Qualifikationen ist zu erhalten bzw. aufzubauen und nicht nach angelsächsischem Beispiel zu zersplittern.
Schaffung sinnvoller Berufsprofile
Mit den BA-MA-Studiengängen müssen sinnvolle Qualifikationsbündel und Fähigkeitsspektren für die akademischen Berufe geschaffen werden, wie sie bislang in Deutschland üblich sind und sich bewährt haben. Schließlich ist für die berufliche Identität, die Attraktivität der Ausbildung, das persönliche Prestige, nicht zuletzt zur Orientierung auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft wichtig, die Studienabschlüsse entsprechend differenziert zu bezeichnen und nicht im Zuge der EU-Gleichmacherei und einer fragwürdigen Übersichtlichkeit auf wenige einheitliche Bachelor- und Mastergrade zu beschränken: Bachelor/Master of Arts (B.A./M.A.), of Science (B.Sc./M.Sc.), of Engineering (B.Eng./M.Eng.), of Laws (LL.B./L.L.M.), of Education (B.Ed./M.Ed.). Die etablierten und angesehenen deutschen Diplomtitel, die verlässliche Standards und Qualität verbürgen, könnte man durchaus beibehalten, wenn man den absolvierten Studiengang mit dem BA- und MA-Grad in Klammern kennzeichnet, also beispielsweise Dipl.-Ing. (Ba) anstatt bisher Dipl.-Ing. (FH) sowie Dipl.-Ing. (Ma). Auf jeden Fall sollte unter dem Deckmantel der einheitlichen BA- und MA-Grade die ohnehin zerklüftete Hochschullandschaft nicht noch mehr in wenig effiziente Splitterstudiengänge ausufern, wie dies z. B. in Bezug auf die Querschnittsqualifikation „Management“ zu beobachten ist: Marketingmanagement, Gesundheitsmanagement, Medizinisches Informationsmanagement, Sozialpädagogik und Management, Freizeitmanagement, Eventmanagement und Entertainment, Musikmanagement usw. Dieser Kommentar auch unter: https://www.facebook.com/Studienreform-Nach-au%C3%9Fen-Gleichmachwerei-innen-Zersplitterung-231827706914111/ http://m.vorwaerts.de/blogs/nach-aussen-gleichmacherei-innen-zersplitterung; http://blog.vorwaerts.de/blogs/nach-aussen-gleichmacherei-innen-zersplitterung
Stärkung des beruflichen Schulwesens für mehr konkrete Chancengleichheit und eine gerechtere Gesellschaft (30.11.2010)
Die Parteien, besonders die progressiven, müssten sich in ihren Bildungsprogrammen endlich des beruflichen Schulwesens annehmen und für eine Gleichberechtigung der Berufsschule gegenüber der Betriebsausbildung im dualen System der Berufsausbildung stark machen. Denn die Berufsschule als institutionelles und curriculares Herzstück des Berufsbildungssystems trägt maßgeblich dazu bei, dass die Berufsbildung dem gymnasialen Bildungsweg ebenbürtig ist und das berufliche Schulwesen bereits gegenwärtig rund 50 % der Hochschulzugänger/-innen liefert. Dennoch wird die Berufsschule in der Berufsbildungspolitik seit eh und je als Anhängsel der Betriebe betrachtet und vernachlässigt, was ihrer Bedeutung als wichtiger Sozialisationsinstanz für die meisten Bürger und gleichfalls ihrer möglichen Innovationsrolle nicht gerecht wird. Aus der historischen Perspektive ist das zwar erklärbar, aber in der Gegenwart nicht mehr akzeptabel und erfordert ein Umdenken in der Berufsschulpolitik. Als konstitutives Element des dualen Ausbildungssystems ist die Berufsschule zudem angesichts des Wandels zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft bzw. von der funktions- zur prozessorientierten Arbeitsorganisation unentbehrlich. Sie verfügt grundsätzlich über das Innovationspotenzial, das zur Erneuerung und Attraktivitätssteigerung des Berufsausbildungssystems mit seiner vorteilhaften Theorie-Praxis-Kombination einschließlich einer zeitgemäßen Berufsschullehrerbildung vorauszusetzen, jedoch entsprechend zu fördern und institutionell abzusichern ist.
Zu den Verantwortlichkeiten und Unterlassungen der zuständigen politischen Akteure ist vor allem festzustellen, dass SPD und GRÜNE in der Opposition mit ihrem Minderheitsvotum im Rahmen der Enquete-Kommission „Bildung 2000“ des Bundestages ein angemessenes progressives Berufsschulreform-Programm vertraten, das dann allerdings von der rot-grünen Bundesregierung unter Schröder nicht umgesetzt wurde. Ein vergleichbares Reformkonzept, das der Interessenlage der Arbeitnehmer, Auszubildenden, Berufsschüler/-innen und Berufsschullehrer/-innen entsprach, proklamierte der DGB gar bis zur Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) im Jahr 2004. Da vollzog der DGB zusammen mit der IG Metall und anderen Mitgliedsgewerkschaften eine Kehrtwende in seiner fortschrittlichen Berufsschulpolitik und schwenkte im Einigungspakt mit den Arbeitgebern als Sozialpartner – allerdings sein Ziel einer Umlagefinanzierung der Berufsausbildung verfehlend – mit einem eigenen Gesetzentwurf weitgehend auf die unternehmerfreundliche Position der Schröder-Regierung ein. Im Zuge kurzfristiger und kurzsichtiger Erfolgsorientierung wurde zur Verabschiedung des Berufsbildungsreformgesetzes noch die CDU/CSU-Opposition mit kompromisshaften Zugeständnissen ins Boot geholt, sodass unter Verantwortung dieser großen Interessenallianz 2005 das BBiRefG als Minimalkonsens und Minimalkompromiss zuungunsten der Berufsschule in Kraft trat. Im Gesetz fehlen Regelungen und Mindeststandards zur Abstimmung der Ausbildungsordnungen (Betrieb) und Rahmenlehrpläne (Berufsschule). Die mögliche Ausweisung der Berufsschul-Abschlussnote im Kammerzeugnis bedeutet keine Anrechnung der Berufsschulleistungen auf die Prüfungen. Das Stimmrecht der Berufsschullehrer in Berufsbildungsausschüssen ist beschränkt. Eine Finanzierungsregelungist nicht aufgenommen. Die Ermächtigung der Bundesländer zur Anrechnung und Gleichstellung vollzeitschulischer Ausbildungen ist zeitlich begrenzt. Eine bundesgesetzliche Regelung der Weiterbildung ist ausgespart. Damit hat sich der Unternehmerstandpunkt durchgesetzt und die Vorherrschaft der Wirtschaft in der Berufsausbildung ist wiederum gesichert worden.
Eine zukunftsgerechte Bildungspolitik sollte also bei einer Reformierung des unausgewogenen BBiG von 2005 ansetzen und die herkömmlichen Defizite beseitigen, um die Berufsschule zum gleichwertigen und gleichberechtigten Dualpartner sowie als Zentrum für die schulische Berufsbildung und berufliche Weiterbildung aufzuwerten. Über die Gesetzesnovellierung hinaus müssen indes angemessene Rahmenbedingungen für die Berufsschulentwicklung geschaffen werden wie hinreichende Finanz-, Raum-, Sach- und Personalausstattung mit technischen und Verwaltungsfachleuten, als Zeitkontingent zwei Berufsschultage in der Woche mit 16 Stunden, flexible Unterrichtsorganisation im Ganztagsbetrieb zur inneren Differenzierung, Durchführung von Projektvorhaben, Gewährleistung einer aktiven Schülermitbestimmung und -selbstverwaltung, Ausgestaltung eines demokratischen Schullebens für mündiges Bürgerhandeln. Günstige Arbeitsbedingungen mit vertretbarer Schüler-Lehrer-Relation sowie eine vorausschauende Berufsschullehrer-Nachwuchssicherung gehören ebenfalls dazu. Unter solchen Voraussetzungen sollten die gegenwärtigen Ansätze der Berufsschulentwicklung als lernende, selbstständige, eigenverantwortliche Organisation, zur internen und externen Evaluation, Teamentwicklung, zum Ausbau als regionale Kompetenzzentren als Innovationschance aufgegriffen und vorangetrieben werden.
Ein Paradoxon unserer Informations- und Wissensgesellschaft besteht in einem eklatanten Widerspruch, der sich aus Folgendem ergibt: Zum einen leisten wir uns hoch qualifizierte Wissenschaftler, die – sich der Forschung verpflichtend und eine Hochschullaufbahn erstrebend – z. T. unter entbehrungsreichen Umständen promoviert und habilitiert haben, vielfach in bescheidenen Verhältnissen im akademischen Unter- und Mittelbau, oft auf Zeitstellen oder als wissenschaftliche Hilfskräfte ihr Dasein fristen. Nur wenigen von ihnen wird der Ruhm und die Ehre als Lehrstuhlinhaber/-in oder Professor/-in zuteil; jedoch bewältigen sie den Löwenanteil der Hochschularbeit in Forschung und Lehre. Andererseits gibt Politiker, Prominente, gesellschaftliche Aufsteiger, die mit unqualifizierten oder unrechtmäßig erschlichenen Doktorarbeiten ihr Image aufwerten, ein höheres Prestige erlangen, eine steilere Karriere erklimmen, Spitzenpositionen bekleiden und viel verdienen, nicht zuletzt zur geistigen Elite gehören wollen. Vgl. GEW: http://www.gew.de/Binaries/Binary92077/Promotion_im_Brennpunkt_web.pdf
Plagiieren – ein Kavaliersdelikt?
Guttenberg hat das Plagiieren, das die modernen Kommunikationstechnologien u. a. mit den Möglichkeiten vielfältigen Kopierens enorm gefördert haben, auf die Spitze getrieben, indem er besonders viele Fremdtexte als die eigenen ausgegeben hat. Das widerrechtliche Aneignen geistigen Eigentums ist fast zum Sport für jedermann geworden und wird wie das Abschreiben in der Schule mehr als Kavaliersdelikt gesehen. Schon seit längerer Zeit haben die Bildungseinrichtungen und besonders die Hochschulen damit zu kämpfen, dass Schüler/-innen und Studierende – in Teilen oder gar vollständig – Aufsätze, Facharbeiten, Studien-, Seminar- und Abschlussarbeiten (Examens-, Diplom-, Magister-, Bachelor-, Masterarbeiten) „abkupfern“ und schließlich Promovierende auch Doktorarbeiten auf diese illegale Weise anfertigen, obwohl für deren Abfassung besonders strenge Regeln gelten und die selbstständige Erarbeitung meist eidesstattlich zu versichern ist. Da mit dem Erfolg dieser Abschlussarbeiten wichtige Berechtigungen verknüpft sind, gilt es weiterhin, die Eigenständigkeit der Leistung zuverlässig zu überprüfen und zu bewerten. So war es nur eine Frage der Zeit, mit neuen Programmen wirksame Kontrollinstrumente zur Aufdeckung von Plagiaten zu entwickeln, denen Guttenberg nun im Nachhinein zum Opfer gefallen ist und die die Schummler fortan fürchten müssen.
Fall Guttenberg als Gipfel der Hochstapelei
In der Angelegenheit Guttenberg zeigt sich die Dramatik des verwerflichen Tuns und seiner Aufklärung durch engagierte und versierte Bürger und die Wucht der Folgen besonders krass. Die schonungslose Offenlegung von Guttenbergs umfangreichen Plagiaten und seine untauglichen Bagatellisierungs- und Vertuschungsversuche haben letztlich zutage gefördert, was politisch Interessierte und Informierte zwar ahnten oder wussten, aber die Mehrheit der Bürger nicht wahrhaben wollte: Dass er nicht der von der Bildzeitung gepriesene „bewährte Ausnahmepolitiker“ war (von der Bundeskanzlerin scheinheilig bestätigt), sondern lediglich der zum Publikumsliebling hochgepuschte Blender, der im Bundestag ungerügt ein Täuscher, Lügner und Betrüger genannt wurde. So kam heraus und wurde gerügt, dass er nicht einmal eine ordentliche Dissertation zustande brachte, als Verteidigungsminister Bundeswehrangehörige zur eigenen Entlastung vorschnell als Sündenböcke abstempelte und ihres Dienstes enthob und schließlich die hochgelobte Bundeswehrreform gar nicht solide vorbereitet hatte. Dass es ihm stets um mehr Schein als Sein ging, bestätigt und bekräftigt ebenfalls die erschienene Biografie über ihn.
Fragwürdige Renommier-Promotionen von Politikern
In dieser Blöße stellt sich die Affäre Guttenberg als Einzelfall dar, jedoch auch die anderen ruchbar gewordenen Plagiatfälle offenbaren, dass es bestimmten Politikern ausschließlich um Prestige- und Renommier-Promotionen geht. Das zeigt das Spektakel um die Entziehung der Doktorgrade bei den FDP-Politikern Silvana Koch-Mehrin, Jorgo Chatzimarkakis und Margarita Mathiopoulos, die schon 1989 wegen Abschreibens in ihrer Doktorarbeit am Pranger stand (vgl. DER SPIEGEL 37/1989, S. 61 f.). Aber der niedersächsische Kultusminister und vormalige KMK-Präsident Althusmann dürfte hier gleichfalls von der Motivationslage einzustufen sein. Er musste seine ohnehin mäßige Dissertation an der Uni Potsdam wegen unüblicher, fragwürdiger Zitierweise und öffentlicher Vorwürfe überprüfen lassen, durfte seinen Doktortitel indes behalten, doch die Gründe für den überraschenden Freispruch sind der Allgemeinheit bislang nicht dargelegt worden. Nun wurde auch Bundesbildungsministerin Schavan der Dr.-Titel und gleichzeitig ihre gesamte akademische Würde (da sie nur über ein Dr.-Examen verfügte) von der Uni Düsseldorf aberkannt und sie
unternahm wie Koch-Mehrin und Mathiopoulos den erfolglosen Versuch, per Gerichtsverfahren dagegen
einzuschreiten. Immerhin hatte sie sich – vermutlich im Auftrag der Kanzlerin –
mit ihrem eindringlichen „Schambekenntnis“ gegen Guttenberg exponiert. Müsste
sie sich am Ende – weil ihre weiß gewähnte Weste einen hässlichen Flecken bekommen
hat – selbst als Bildungsministerin schämen?
Zur Dr.-Arbeit Angela Merkels mag man
sich übrigens gleichfalls ein eigenes Urteil bilden. Jedenfalls gibt es eine differenzierte
wissenschaftliche Analyse ihrer Dissertation
und kritische Folgerungen in Richtung Aberkennung in einem aufschlussreichen
Video auf Youtube: https://youtu.be/lGGdU2djWFA
.
Lex Althusmann oder außerordentliche
Zitiergepflogenheiten in den Wirtschaftswissenschaften?
Dass ein ehemaliger Kultusminister
und KMK-Präsident die herkömmlichen Regeln wörtlichen Zitierens mit
Anführungszeichen in Frage stellte und sich dabei auf abweichende Gepflogenheiten
in den Wirtschaftswissenschaften berief, ist als Verstoß gegen ein geltendes
Grundprinzip wissenschaftlichen
Arbeitens zu werten und rührt an die Glaubwürdigkeit eines Politikers,
der in seinem Verantwortungsbereich eine Vorbildfunktion haben sollte. Es geht
hier nicht um Flüchtigkeitsfehler oder vernachlässigbare Fälle im Grenzbereich,
etwa dass man beim Zitieren stur an der alten Rechtschreibung festhält,
wortwörtlich orthografische oder grammatische Fehler übernimmt oder
vernachlässigt, zitierte Halbsätze oder Sätze geglättet und ohne Anführungszeichen
dem eigenen Satzbau einpasst. Da sollte man m. E. durchaus die alten Zöpfe
abschneiden und tradierte Spitzfindigkeiten abschleifen. Bei der Aufarbeitung
des vorhandenen Wissens für den Gegenstand der Dissertation und die eigene
Problemstellung greift man indes angemessen auf relevante Ergebnisse und Erkenntnisse
anderer zurück, was durch die Zitierweise hinreichend offenzulegen ist. Aber
man darf nicht wegen eigener Gedankenarmut mit fremdem Gedankengut den Eindruck
erwecken, dass es eigene Überlegungen seien. Wer zum Thema selbst keine oder zu
wenige Erkenntnisse und Einsichten hat, um eigenständig Folgerungen zu ziehen
und Beurteilungen vorzunehmen, der sollte tunlichst auf eine Prestige- oder
Renommier-Promotion verzichten.
Wahrung wissenschaftlicher Ansprüche
Eine Dissertation hat per definitionem eine wissenschaftliche Arbeit zu sein, die den Anspruch einer eigenständigen, kreativen Leistung erfüllt und zu neuen Erkenntnissen in der betreffenden Wissenschaft beiträgt, jedenfalls unter Berücksichtigung der Grundlagen und Auswertung des vorhandenen Wissensstandes einen erkennbaren Erkenntnisfortschritt aufweist. Das darf weder den Promovenden noch den Doktorvätern oder Betreuerinnen aus dem Blick geraten und sollte in der Plagiatdiskussion und der Öffentlichkeit eine angemessene Rolle spielen. Die entsprechenden Defizite haben maßgeblich auch die Hochschulen bzw. Hochschullehrer/-innen zu vertreten. So ist der Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Hannover der Auffassung von Althusmann-Verteidiger Prof. Homburg zurecht entgegengetreten, insofern dieser (ökonomische) Forschungsleistungen inhaltlich banalisiert sowie Dissertationen auf 10 % eigenes Gedankengut reduziert und als anspruchsloses „Gesellenstück“ auf der Basis von Lehrbuchwissen abgestempelt hatte (HAZ 176/2011, S. 6). Im Übrigen hat die Leibniz Universität Hannover, die vor einigen Jahren einen Bestechungsskandal bei juristischen Doktorarbeiten durchzustehen hatte, daraufhin ihre Kontrollen bei Promotionsverfahren und den anderen wissenschaftlichen Arbeiten verschärft und eine unabhängige Untersuchungskommission gegründet, die bei Verdacht auf Unredlichkeit und Betrug tätig wird – wie bei Schavan an der Uni Düsseldorf vergleichsweise durch den Fakultätsrat geschehen. Im Fall Guttenberg wurde z. B. nicht geklärt, wieso das Konglomerat mit der Bestnote bewertet werden konnte (Gefälligkeitsurteil?) und laut Berichterstattung noch nicht einmal die dafür vorgeschriebene Begründung der „Spitzenleistung“ vorgelegen hat. Vgl. Deutsche Forsungsgemein-schaft: http://www.dfg.de/foerderung/rechtliche_rahmenbedingungen/gwp
Gewaltige Niveauunterschiede bei Dissertationen
Während beim Abitur einheitliche Prüfungsanforderungen (EPAs) gelten und bundesweit auf ein einheitliches Niveau Wert gelegt wird, gibt es bei den Dissertationen trotz vergleichbarer Promotionsordnungen und einschlägiger Regeln für die wissenschaftliche Arbeit je nach Fachgebiet und Hochschule gewaltige Niveauunterschiede. Beispielsweise ist bei Ärzten immer noch üblich, dass sie „Doktor“ und damit angenommen hochwertiger Fachmann sind (etwa zur Abgrenzung von Heilpraktikern), sodass im Bereich der Medizin und verwandten Gebieten eine ungeheuere Fülle von Dissertationen anfällt, die nicht alle auf anspruchsvollen Forschungsprojekten basieren. Sie haben oft mehr oder weniger banale Fragestellungen und relativ einfache Vorgehensweisen sowie Inhaltsstrukturierungen zum Gegenstand. Um hier die Forschungsbasis zu verbreitern, könnte und sollte sich die Schulmedizin mehr gegenüber der Erforschung von Naturheilmitteln und alternativen Heilverfahren öffnen und die Politiker müssten das unterstützen. Allerdings kommen auf allen Wissenschaftsgebieten sowohl komplexe und schwierige als auch primitive Untersuchungen und Abhandlungen vor. Über ein besonders krasses Beispiel von „soziologischen“ Promotionen unter aller akademischen Würde bei Prof. Bossle (Günstling von Filbinger und Strauß) an der Uni Würzburg in den 1980er und 90er Jahren berichtete DIE ZEIT (45/1988, S. 70; 41/1991, S. 69; 35/1995, S. 46). Danach wurden die sogenannten Doktorarbeiten gleich in Bossles eigenem Creator-Verlag („Würzburger Doktorfabrik“) veröffentlicht; Strauß-Sohn Franz-Georg sollte (hat allerdings nicht) 1985 mit der Titelankündigung „Die Soldatenwallfahrt nach Lourdes“ promovieren. In dem Zusammenhang sei noch auf die 1984 und 1987 im Eichborn Verlag erschienenen Bücher von Achim Schwarze verwiesen, der unter den Titeln „Dünnbrettbohrer in Bonn – Aus den Dissertationen unserer Elite“ und „Noch mehr Dünnbrettbohrer – Eine Materialschlacht der Dummheit – Aus den Dissertationen unserer Elite“ die Doktorarbeiten von Spitzenpolitikern und Persönlichkeiten wie Kohl, Barzel, Geißler, Blüm, Lambsdorff, Süßmuth, Todenhöfer, H.-J. Vogel, Apel, Kardinal Ratzinger u. a. untersucht und sarkastisch bewertet hat. Er berichtete ebenfalls, wie Kohl die Ausleihe seiner Dissertation über die politische Entwicklung in der Pfalz an der Uni Heidelberg 1983 verhindern wollte – wegen der Schlichtheit seiner Gedanken und der sprachlichen Schwülstigkeit?
Blühendes Geschäft mit gekauften Titeln
Es gibt Schlimmeres: das illegale Kaufen von Dissertationen und Doktortiteln (vgl. „Heute Cash, morgen Doktor“ in: DIE ZEIT 27/1992, S. 45). Achim Schwarze erzählt anschaulich, wie er (Schulabschluss: mittlere Reife) in finanzieller Notsituation Schwachköpfen aus besserem Hause beim Promovieren geholfen hat. Noch weitaus aufschlussreicher schildert Horst Biallo in seinem Buch „Die Doktormacher“ (Ueberreuter Verlag Wien 1994 ff.), auf welche Weise man bei sogenannten Promotionsberatern, hemmungslosen Geschäftemachern und Betrügern deutsche und ausländische akademische Titel für viel Geld in kurzer „Promotionszeit“ kaufen kann und führt konkret Namen und Adressen, Preise und Verträge, Behörden und Betrogene, Gesetze und Strafen auf. Vor einiger Zeit erregte im Weserbergland ein Kommunalpolitiker die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, weil er auf den Wahlplakaten als frisch gebackener Doktor erschien, sich jedoch strafbar machte und abtreten musste. Denn in einem Gerichtsverfahren stellte sich heraus, dass er die Promotionsurkunde (angeblich von der Hamburger Uni, jedoch eine Fälschung) von dubiosen Typen in einer Autobahnraststätte bei Seesen gekauft hatte. Indes ist die Titelsucht nicht auf Politiker beschränkt; das Geschäft mit der Eitelkeit floriert so gut, weil wohlhabende Leute auch ohne die notwendigen Voraussetzungen akademische Weihen auf krummen Touren erreichen wollen. Und das ermöglichen skrupellose Titelhändler, bestechliche Hochschullehrer, einfältige, überforderte, desinteressierte Behördenmitarbeiter.
„Dr. universitates“ – ein authentisches Beispiel
Mein Interesse (für ein eigenes Promotionsvorhaben) erweckte einst ein Oberstudiendirektor mit dem ungewöhnlichen Titel „Dr. univ. (H)“ in einer bildungspolitischen Zeitschrift. Das letzte Universalgenie war schließlich G. W. Leibniz (1646-1716), der noch das gesamte Wissen seiner Zeit beherrscht haben soll und mit seiner berühmten Rechenmaschine (Original in der Landesbibliothek Hannover) gar wegweisend für unser digitales Zeitalter war. Auf meine Wissbegierde hin teilte mir das niedersächsische Wissenschaftsministerium als damals zuständige Nostrifizierungsbehörde für ausländische Hochschulgrade mit, dass es sich um einen „doctor universitatis“ handelt, der an der Budapester Universität für Wirtschaftswissenschaften verliehen wird, daher das (H) für Hungary (= Ungarn). Indes erhielt ich vom Vize-Rektor dieser Hochschule die Auskunft, dass man den universellen Titel dort nicht erwerben könne. Ich dachte an die diesbezüglichen Ermittlungen von Biallo in Osteuropa und „Phantasia“, während der allwissende „ungarische Doktor“ kürzlich ein Buch zum Training deutscher Schulleiter herausgegeben hat.
1000 Politiker-Promotionen auf dem Prüfstand
Mit Genugtuung konnte man eine Internet-Nachricht vom 06.08.2011 aufnehmen: Prof. Uwe Kamenz will mit seinem Institut für Internet-Marketing in Münster die Doktorarbeiten von 1000 deutschen Politikern, allen Toppolitikern, Regierungsmitgliedern, Bundes-, Landes-, Europaparlamentariern analysieren, um Plagiate abzuschaffen, und zwar langfristig mit einer zentralen Prüfstelle (http://nachrichten.t-online.de/professor-prueft-systematisch-doktorarbeiten-von-politikern am 06.08.2011). Das wird diejenigen freuen, die durch Klugheit, Fleiß, Ausdauer und Entbehrungen mit wertvollen Dissertationen dem wissenschaftlichen Fortschritt dienen. Besonders betroffen sind wie eingangs erwähnt die Wissenschaftler in unterbezahlten, prekären Beschäftigungsverhältnissen, arbeitslose oder zu Hilfswissenschaftlern degradierte Privatdozenten, Habilitierte (Durchschnittsalter 38 Jahre) auf für 6 Jahre befristeten Nachwuchsstellen, Hochschulassistenturen und Assistenzprofessuren. (vgl. zu den Arbeitsverhältnissen: http://www.gegenblende.de/++co++8a9d0032-cf60-11e2-918c-52540066f352). An der aussichtslosen Lage dieser qualifizierten Leute in den Sackgassen der Wissenschaft hat sich seit Jahren kaum etwas geändert (vgl. DIE ZEIT 5/1988, S. 41; Swen Heitkamp: "Forschungsklau". In: E&W 05/2013, S. 38, 39) und hauptverantwortlich dafür sind die Politiker, die Bildungsinvestitionen fordern und versprechen, jedoch kaum einlösen. Man kann meinen, sie haben ein gespaltenes oder gar gebrochenes Verhältnis zu den Wissenschaftlern. Hängt das vielleicht auch mit den Politiker-Promotionen zusammen? Mein Vorschlag zur Entspannung: Da Frau Schawan schon nicht mehr Bundesbildungsministerin ist, sollte ihre Nachfolglerin das Vorhaben von Prof. Kamenz fördern. http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/promotionsbetrug-wie-man-sich-einen-falschen-doktortitel-kauft-a-842596.html (Spiegel online zum Thema)
Der folgende gesundheitspolitische Kommentar müsste auch Gegenstand der Bildungspolitik sein und zur Volksaufklärung in allen Bildungseinrichtungen thematisiert werden.
Gesetzliches Verbot der Zuckerpanscherei zur Reduzierung des Übergewichts und Eindämmung der Diabetesausbreitung
Als ob wir ein Volk von Unterernährten wären, so werden wir fast flächendeckend, jedoch vielfach unbewusst mit Zucker und Süßungsmitteln gemästet. Das wäre vielleicht etwas für die karge Nachkriegszeit gewesen, wo viele Hunger litten und abgemagert waren. Heute trifft vielmehr das Gegenteil zu und die massenhafte Zuckerabfütterei schädigt die Volksgesundheit und fördert vor allem die rasante Diabetesausbreitung zur Volkskrankheit mit unliebsamen Auswirkungen für den Einzelnen – auch Kinder und Jugendliche sind stark betroffen – sowie einer Kostenlawine für die Allgemeinheit.
Denn eine ungeheuere Vielzahl von Nahrungsmitteln als Fertigprodukte ist geradezu mit Zucker und Zuckerstoffen „verseucht“, wo wir es überhaupt nicht vermuten. Nicht nur in Obstkonserven, sondern in Konserven aller Art befindet sich nämlich Zucker. Eintöpfe, Gemüse, Fisch, Fleisch, Wurst in Dosen und Gläsern, sie sind fast alle gezuckert und nicht zu knapp. Aber auch zahlreiche Backwaren, die wir nicht als süße Nahrungsmittel wahrnehmen wie Toastbrot, Weißbrot, Roggenbrot enthalten oft Zucker – und zwar nicht nur im Supermarkt-Regal, sondern gleichfalls als Frischprodukt vom Bäcker oder Schlachter. Das gilt ebenfalls für etliche Gemüsesäfte und selbst Mineralwasser – o Schreck – kann mit Zucker gepanscht sein.
Wenn man sich als Diabetiker oder aufgeklärter Verbraucher angewöhnt, bei abgepackten Nahrungsmitteln auf die Zutatenliste zu achten oder bei Direktvermarktung nachzufragen, kann man sein blaues und leider kaum ein grünes Wunder erleben. Bei den Fertigprodukten fehlen einem meist die zuckerfreien Alternativen, um sich gesundheitsbewusst zu ernähren. Die idealen Empfehlungen lauten denn auch, sein Essen stets frisch zuzubereiten, möglichst mit Produkten aus biologischem Anbau und von Tieren aus natürlicher Bodenhaltung, zudem aus dem überschaubaren regionalen Umfeld. Das machen durchaus einige Bürger und kaufen ab Hofladen in der Umgebung, jedoch für die überwältigende Mehrheit erweist sich heute im Alltag der Verzicht auf Fertignahrungsmittel aus vielerlei Gründen als utopisch.
Als durchgreifende Lösung bietet sich an, die
beliebige Zuckerpanscherei in allen möglichen Produkten, besonders bei
denen, wo wir es gar nicht erwarten, gesetzlich zu verbieten bzw.
drastisch einzuschränken. Auch Hans Laubers Vorschlag, eine
„Süßsteuer“ einzuführen, um die Bombe der Diabetes-Explosion zu
entschärfen (Diabetes-Journal 6/2012), weist in die richtige Richtung.
Zumindest sollten statt der begünstigten 7 % für zuckerhaltige Produkte
19 % Mehrwertsteuer erhoben werden. Auf Appelle zu setzen und auf eine
Selbstverpflichtung der Produzenten und Händler zu einer wirksamen Zuckerverminderung zu hoffen, ist ziemlich irreal. Im Hinblick auf die derzeit 8,5 Mio betroffener Diabetiker und von täglich 1700 Neuerkrankungen erweist es sich als fatal, dass unsere neue Ampelregierung unter Bundeskanzler Scholz die zuvor geplante Zuckersteuer am Ende aus dem Koalitionsvertrag kippte und lediglich vorhat, Kinder-Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige zu verbieten. Und man kann nur darauf hoffen, dass der angekündigte Nationale Präventionsplan konkrete Maßnahmen zur Eindämmung der Diabetes-Pandemie bringen wird. Denn gerade mit der penetranten Durchsüßung unserer Nahrungsmittel wird
unser Geschmacksinn gesteuert und unser Bedürfnis für den indirekten und
bewussten Zuckerkonsum hochgehalten. Man kann seinen Gaumen schon
umgewöhnen und Geschmack zielgerichtet verändern, wenn man es aus
Einsicht oder Notwendigkeit will. So schmecken mir (als langjähriger Typ
II-Diabetiker) kaum noch süße Speisen, Schokolade nur noch mit
mindestens 85 % Kakaogehalt; die ist gesund und davon isst man dann nur wenig. Wichtige Literatur und Infos: Patrick Hundt: Ausgezuckert - Wie du vom Zucker loskommst, 2. akt. erw. Aufl. 2016. Online unter: https://www.amazon.de/Ausgezuckert-Wie-vom-Zucker-loskommst ...; https://www.healthyhabits.de/buecher/; (vgl. http://www.diabetes-journal.de/inhalte-und-service/meinungen/details/article/fehlt-was-ernaehrungsministerium.html; https://www.facebook.com/Aufkl%C3%A4rung-%C3%BCber-sch%C3%A4dlichen-Zuckerkonsum-934108059947662/info?tab=page_info;
Weitere bildungspolitische Kommentare von Dietrich Pukas unter: